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Ärztemangel im Berliner Osten: Praxissuche als Odyssee
Weil sich Ärzt*innen lieber in wohlhabenden Kiezen niederlassen, hapert es gerade im Osten an der Gesundheitsversorgung
Einen »alarmierenden Befund« nennt der Berliner Abgeordnete Tobias Schulze, was ihm der Senat nach schriftlicher Anfrage offenbarte: »Im Prinzip sehen wir für die vergangenen zehn Jahre in allen haus- und fachärztlichen Gruppen einen mittleren bis starken Rückgang der ambulanten Versorgung.« Gerade im Osten der Hauptstadt, führt der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion gegenüber »nd« aus, sei die Lage dramatisch. Das zeigten die aktuellen Zahlen deutlich.
Immer wieder tun sich Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick negativ in den Senatsauflistungen zur Entwicklung in den einzelnen Artzgruppen hervor. Laut Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV Berlin) aus dem Herbst 2023 stehen allein in diesen drei Bezirken 135 Hausarztsitze leer.
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Zugleich, so Schulze, verschärften demografische Faktoren die Lage. »Die Menschen werden älter und zugleich steigt die Bevölkerungszahl. Es sind vor allem die Ostbezirke, in denen gebaut wird.« Am Ende hänge die ambulante Abdeckung jedoch vom Wohlstand im jeweiligen Kiez ab: Wo sich mehr Geld verdienen lasse, dort ziehe es auch die meisten Ärzt*innen hin. Im Westen bekommen das vor allem die Bewohner*innen in Neukölln, Spandau und Reinickendorf zu spüren, wie die Angaben des Senats zeigen.
Hier und im Osten braucht es also neue Praxen. Deren Gründung aber scheitert nicht zuletzt am Mangel an medizinischen Fachangestellten, der noch gravierender ausfällt als bei den Ärzt*innen selbst. Im Kampf um bessere Bezahlung hatte der Verband medizinischer Fachberufe (VMF) vor gut einem Monat zu bundesweiten Streiks aufgerufen. Die KV Berlin unterstützte den Ausstand. Als Ergebnis der Tarifverhandlungen stiegen die Gehälter in allen Tarifgruppen der medizinischen Fachangestellten um 7,4 Prozent. Auch Auszubildende erhalten seit März mehr Geld als zuvor für ihre Arbeit.
»Wir haben einen guten Abschluss gemacht«, sagt Nina Krzenciessa vom VMF zu »nd«. Anlass zu großen Freudensprüngen gebe es trotzdem nicht. »Es ist nach wie vor so, dass jede Sozialversicherungsangestellte im Büro deutlich mehr verdient – und das ganz ohne Ansteckungsrisiko.« Sie selbst habe schon in einer Ostberliner Praxis gearbeitet, die vergeblich nach einem neuen Arzt suchte. »Die jungen Ärzte sind nicht mehr bereit, ihr gesamtes Privatleben einer Praxis zu opfern.«
Während sich stationäre Gesundheitsversorgung auf Finanzierung durch die öffentliche Hand verlassen kann, fehlt es im ambulanten Bereich an Planungssicherheit. Der Senat, sagt der Linke-Abgeordnete Schulze, müsse deshalb Räume für Praxen langfristig garantieren und die Gründung von Versorgungszentren, besonders im Osten, vorantreiben. Letztere gelten als beliebter im Vergleich zu Privatpraxen, die mit wirtschaftlichen Risiken behaftet sind.
Für elementar wichtig hält es Schulze auch, die Grundlage für Nachwuchs auszubauen: »Wir brauchen unbedingt mehr Ausbildung im ambulanten Bereich. Umso dramatischer ist es, dass Schwarz-Rot den Wenckebach-Campus scheitern lässt.« Auf dem Gelände eines alten Vivantes-Krankenhauses in Tempelhof sollen rund 3700 Ausbildungsplätze entstehen. Die Linke kritisierte zuletzt Unklarheiten in der Finanzierung.
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