Korruptionsvorwürfe in Potsdam: Eine Frage der Ehre

Potsdamer Stadtverordnetenversammlung beruft in Korruptionsaffäre Ehrenrat ein

Nach Korruptionsvorwürfen gegen Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) weist alles darauf hin, dass die Stadtverordnetenversammlung den Ehrenrat einberufen wird. Dies kündigten mehrere Stadtverordnete bei der Sitzung des Hauptausschusses am Mittwochabend an. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Pete Heuer machte den Vorschlag, Vertreter anderer Fraktionen unterstützten ihn. Als Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung kann Heuer den Ehrenrat auch ohne Beschluss der Stadtverordnetensammlung selbst einberufen.

Um im Ehrenrat die Affäre aufzuklären, möchte Heuer sogar auf sein Amt in der SPD-Fraktion verzichten. Matthias Finken, Vorsitzender der CDU-Fraktion, hatte angemahnt, »dass man das trennen sollte, damit Parteiaspekte ausgeklammert werden«. Heuer zeigte sich offen dafür. Vor der Kommunalwahl im Mai tritt die Stadtverordnetenversammlung allerdings ohnehin nur noch zwei Mal zusammen.

Dem Ehrenrat gehören Vertreter aller Fraktionen an. Er soll die Einhaltung des Ehrenkodexes, den Stadtverordnete zu Legislaturbeginn unterschreiben, überwachen. »Bei Verstößen kann der Ehrenrat Empfehlungen für Sanktionen an die Stadtverordnetenversammlung aussprechen«, heißt es in dem Ehrenkodex. Welche Sanktionen dies sind, ist nicht weiter aufgeführt.

Oberbürgermeister Schubert selbst verwies darauf, dass der Ehrenrat nur für die Kontrolle der Stadtverordneten zuständig sei – und nicht für die Verwaltung. Schubert gehört der Stadtverordnetenversammlung allerdings auch selbst an. Im Hauptausschuss zeigte er sich versöhnlich: »Wenn man so zu gemeinsamen Schlüssen kommt«, sei er offen für das Verfahren.

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Ähnlich äußert sich auch Stefan Wollenberg, Vorsitzender der Linksfraktion in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. »Eigentlich gehört das nicht in den Ehrenrat«, sagt er »nd«. »Das wäre Aufgabe der Dienstaufsicht.« Die Regeln für Verwaltungsmitarbeiter seien auch detaillierter als die für Stadtverordnete. Schubert hatte bereits selbst bei dem Brandenburger Innenministerium ein Disziplinarverfahren angeregt. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat erklärt, kein Verfahren gegen Schubert anstreben zu wollen, weil kein Anfangsverdacht bestehe. Bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin läuft eine Vorprüfung für Ermittlungen weiter. Schubert hat nach Bekanntwerden der Vorwürfe strengere Richtlinien für das Rathaus erlassen. Öffentliche Auftritte von ihm oder den Beigeordneten werden seitdem vom städtischen Korruptionsbeauftragten geprüft.

Dem Potsdamer Oberbürgermeister Schubert wird vorgeworfen, Freikarten für Sportereignisse angenommen zu haben. Er soll bei Spielen von Mannschaften verschiedener Sportarten in der VIP-Loge zu Gast gewesen sein – auch wenn er bei den Veranstaltungen keine repräsentative Aufgaben übernommen hat. Das berichteten die »Potsdamer Neusten Nachrichten«. Auch Schuberts Frau soll von den Freikarten profitiert haben.

Schubert zeigte dabei offenbar ein hohes Interesse an den sportlichen Wettkämpfen. Allein beim Volleyball-Erstligisten SC Potsdam besuchte er in der laufenden Saison vier von neun Heimspielen. Im Fokus steht jedoch vor allem Schuberts Verbindung zu dem American-Football-Verein Potsdam Royals. Dort war Schubert häufiger zu Gast, reiste auch zum Finale der deutschen Football-Meisterschaft in Essen – den Eintritt zahlte der Verein. Als im Oktober anhaltende Regenfälle die Böden von Sportplätzen in Potsdam durchweichten, gab Schubert trotz Warnungen seiner Mitarbeiter den Sportplatz in Bornim für ein Training der »Royals« frei. Anschließend verbreiteten anonyme Rathausmitarbeiter, dass ein Sanierungsbedarf von 450 000 Euro auf dem Gelände bestehe.

Linke-Fraktionschef Wollenberg bezweifelt allerdings, ob wirklich Schäden durch das Training die Sanierung notwendig gemacht hätten. »Es war schon länger geplant, auf dem Sportplatz eine Drainage zu ziehen«, sagt er. Dies werde nun vorgezogen. Bislang gebe es auf dem Platz kein Abwassersystem.

Die Besuche bei Spielen Potsdamer Mannschaften hält Wollenberg für vertretbar. »Man wäre eher verwundert, wenn sich der Oberbürgermeister bei solchen Ereignissen nicht zeigen würde«, sagt er. Die Freikarten seien »nach meinem derzeitigen Kenntnissstand durch die Compliance-Regeln der Verwaltung gedeckt«, so Wollenberg.

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