EU-Lieferkettengesetz: Immer weiter ausgehöhlt

Die Einigung zum EU-Lieferkettengesetz ist weniger als der kleinste gemeinsame Nenner

Es ist eine Debatte, die man sich normalerweise schenken kann: Ist das Glas halb voll oder halb leer? Die überraschende Last-Minute-Einigung der Staatenvertreter auf ein EU-Lieferkettengesetz ist so ein Fall. Gegenüber den ursprünglichen Vorlagen ist in den vergangenen Jahren bereits einiges an Substanz verlorengegangenen. Und selbst der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Parlament und Staaten geeinigt hatten, war manchen, allen voran der FDP-gesteuerten deutschen Regierung, immer noch zu viel. So wurde weiter gekürzt – mit dem Ergebnis, dass EU-weit nur 5000 Großunternehmen verpflichtet werden, gegen soziale Missstände in ihren Lieferketten vorzugehen. Immerhin gibt es gegenüber dem bereits bestehenden deutschen Gesetz ein wichtiges Achtungszeichen: Unternehmen können vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen profitieren.

Die zunehmende Aushöhlung des Gesetzes weist auf den Zustand der EU insgesamt und vor allem auf das hin, was sich bei den Europawahlen abzeichnet: Nationalistische Wirtschaftsinteressen werden noch dominanter gegenüber den viel bemühten »europäischen Werten«. Europa wird nicht gemeinsamer Vorreiter beim Schutz von Menschrechten sein. Stattdessen stellt sich die Frage, ob hier in den kommenden Jahren überhaupt noch was geht.

Daher geht es beim Vorgang nicht darum, wie voll oder leer das Glas ist. Angesichts der aktuellen Gegebenheiten ist es schon als Erfolg zu werten, dass überhaupt ein Behältnis auf dem Tisch der EU-Gesetzgebung steht.

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