- Kommentare
- Zwangsräumungen
Mietenwahnsinn in Berlin: Friede den Hütten
Zwangsräumungen können töten und sollten abgeschafft werden, meint David Rojas Kienzle
»Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Selbstmord treiben, einen in einen Krieg führen und so weiter. Nur weniges davon ist in unserem Staate verboten.« Was Berthold Brecht in »Me-ti. Buch der Wendungen« geschrieben hat, könnte man um zahlreiche Zeilen ergänzen. Eine Möglichkeit: Man kann einen aus seiner Wohnung werfen.
Die existenzielle Bedrohung, die selbst die Gefahr einer Zwangsräumung ist, zeigt sich im Fall von Manfred »Manne« Moslehner. Der 84-Jährige muss vor Gericht erscheinen. Er soll nach dem Willen der Eigentümer einer Modernisierung weichen, damit das Haus, in dem er wohnt, saniert und teuer verkauft werden kann. Dass er auf seine Nachbar*innen angewiesen ist – egal. Dass er sein ganzes Leben dort wohnt – egal. Dass alle ihm nahestehenden Menschen sagen, dass er eine Räumung wahrscheinlich nicht übersteht – egal.
Die Sache ist noch nicht entschieden. Und sicher, das Gericht wird den Fall sach- und fachgerecht bearbeiten, abwägen zwischen dem Interesse, Gewinn mit Eigentum zu machen, und dem Bedürfnis, ein Dach über dem Kopf zu haben. Das Urteil wird am Ende wahrscheinlich offiziell gestempelt, oder – wir sind im 21. Jahrhundert! – digital signiert. Der Gesetzeslage entsprechend eben. Aber Gesetze, die es ermöglichen, dass Menschen in die Obdachlosigkeit geräumt werden, gehören abgeschafft. Eigentum hin oder her.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.