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Hohe Kriegskosten für Drittstaaten
Die wirtschaftlichen Folgen militärischer Auseinandersetzungen spüren auch unbeteiligte Länder
Die globalen Militärausgaben stiegen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von über 2,4 Billionen US-Dollar, umgerechnet knapp 2,3 Billionen Euro. Dies geht aus einer neuen Studie hervor, die das Stockholmer Forschungsinstitut Sipri in dieser Woche veröffentlichte. 37 Prozent davon wurden 2023 von den USA getätigt, 24 Prozent von den Ländern Europas (einschließlich Russland und Ukraine).
Deutschland liegt mit 2,7 Prozent auf der Sipri-Rangliste der Staaten mit den größten Militärausgaben im internationalen Vergleich auf Platz sieben. Beobachter erwarten, dass die Bundesrepublik wegen ihrer massiven Aufrüstung im laufenden Jahr auf Platz fünf vorrücken wird.
Die forcierte Militarisierung im Westen geschieht in einer Zeit, in welcher der ökonomische und mittlerweile auch der politische Einfluss der transatlantischen Mächte schrumpft. »Eine Entwicklung, die womöglich nur mit Gewalt aufgehalten werden kann«, meint der linke Infodienst German Foreign Policy. Zugleich wachsen in Deutschland die politische Bedeutung der Rüstungsindustrie und der Wehretat. Vor diesem Hintergrund verdient eine kürzlich veröffentliche Studie des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) besondere Beachtung: Sie untersucht die Kosten von Kriegen in Vergangenheit und Gegenwart.
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Erforscht werden die ökonomischen Kosten für mehr als 150 Kriege seit dem Jahr 1870. Wenig überraschend sind die Lasten für das Land am höchsten, das Kriegsschauplatz ist. Dort werden Gebäude, Maschinen und Infrastruktur zerstört. Gleichzeitig bricht die Wirtschaftsleistung durchschnittlich um rund 30 Prozent ein, und die Inflation steigt um rund 15 Prozentpunkte über fünf Jahre.
Doch auch am Krieg unbeteiligte Drittländer tragen hohe Kosten. Insbesondere treffen Verluste die Nachbarländer des unmittelbaren Kriegsschauplatzes: Das reale BIP fällt dort nach fünf Jahren durchschnittlich um 10 Prozent, während die Inflation um fünf Prozentpunkte zusätzlich steigt. Kriege haben also erhebliche negative »externe Effekte« auf die Nachbarn.
Für weiter entfernte Länder können die Effekte dagegen sogar positiv sein, etwa durch steigende Exporte in die Kriegsregion. »Es gibt auch in der Weltwirtschaft Gewinner und Verlierer von Kriegen«, stellen die Kieler Forscher fest.
Auf der Grundlage vergangener Kriege schätzen die Autoren, dass der Ukraine-Krieg bis 2026 zu einem Verlust des Bruttoinlandsprodukts (BIP – Maß für die gesamte Wirtschaftsleistung eines Landes) in der Ukraine von etwa 120 Milliarden US-Dollar führen wird und der ukrainische Kapitalstock um mehr als 950 Milliarden US-Dollar sinkt. Gleichzeitig ist die wirtschaftliche Belastung für die am Krieg unbeteiligten Drittländer mit insgesamt rund 250 Milliarden US-Dollar ebenfalls erheblich. Hiervon entfallen etwa 70 Milliarden US-Dollar auf Länder in der Europäischen Union und circa 15 bis 20 Milliarden US-Dollar allein auf Deutschland.
»Die Berechnungen beruhen auf den Kosten ›typischer‹ zwischenstaatlicher Kriege in der Vergangenheit«, sagt Jonathan Federle, Forscher am IfW Kiel und Autor der Studie »Ökonomische Folgen: Was Kriege die Welt kosten«. Die berechneten Übertragungseffekte auf andere Länder berücksichtigen vor allem die durch geografische Nähe bedingten Handelsverflechtungen und die Größe der jeweiligen Volkswirtschaft, in der ein Krieg ausbricht.
Ist eine Volkswirtschaft global stark integriert, wie die des »kleinen« Taiwan, wären die zu erwartenden ökonomischen Kriegskosten tendenziell höher. Für den Inselstaat rechnen die Forscher innerhalb von fünf Jahren mit weltweiten BIP-Verlusten von mindestens 2,2 Billionen US-Dollar.
Sollte beispielsweise der »große« Iran zum Schauplatz eines Krieges werden, könnten sich die Kosten in Form von für die Weltwirtschaft verlorenem BIP über einen Zeitraum von fünf Jahren auf »lediglich« bis zu 1,7 Billionen US-Dollar belaufen. Der Iran ist auch aufgrund von Sanktionen nicht so stark in den Welthandel eingebunden wie Taiwan oder Deutschland. »Insgesamt zeigen die Berechnungen einmal mehr, wie hoch auch ökonomisch der Wert des Friedens ist«, lässt sich Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel und Ko-Autor der Studie, in einer Pressemitteilung zitieren.
Derweil führt das Kieler Weltwirtschaftsinstitut ebenfalls akribisch Buch über die militärischen und finanziellen Hilfen für die Ukraine. Laut seines »Ukraine Support Tracker« wird die Militärhilfe nach wie vor von einigen großen Gebern wie den nordischen Ländern, Deutschland oder dem Vereinigten Königreich getragen. Nach monatelangen politischen Kontroversen hat nun auch der US-Senat ein neues Militärpaket für die Ukraine durchgewunken. Es hat einen Gesamtumfang von 61 Milliarden Dollar, umgerechnet 57 Milliarden Euro. Hingegen kommen aus vielen Nato-Ländern weder neue Zusagen noch Lieferungen.
Das Online-Tool des Instituts für Weltwirtschaft »Preis der Kriege« ist unter https://priceofwar.org/ frei zugänglich. Es ermöglicht, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf mögliche Kriegsschauplätze sowie die wirtschaftlichen Übertragungseffekte auf andere Länder zu quantifizieren.
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