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Kein Platz für ein Kalifat
Die gesellschaftliche Linke sollte sich laut und deutlich gegen Vorstöße eines reaktionären Islamismus in Deutschland wenden, meint Christoph Ruf
Am Samstag war es endlich so weit. 1000 Menschen haben in Hamburg ein Zeichen gegen die Islamistendemo in der Vorwoche gesetzt – und sind ihrerseits auf die Straße gegangen. Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis um die Kurdische Gemeinde sowie die Vereine Kulturbrücke und Säkularer Islam. Sie alle kritisieren seit Jahren, dass die Gefahr des Islamismus hierzulande schlicht ignoriert wird.
Tatsächlich ist es nicht zu fassen, dass die rot-grüne Senatskoalition in Hamburg sich vor dem Aufmarsch der Steinzeit-Islamisten geweigert hat, die Organisation (Muslim Interaktiv) zu verbieten, die zur Demo aufgerufen hat. Auch die Dependance des iranischen Mullah-Regimes, das Islamische Zentrum in Hamburg, bleibt legal.
Noch mal für alle, die diese Nachricht ebenso ignoriert haben wie die »Tagesschau«, die die Meldung an diesem Tag nicht wichtig genug für ihre 15-Minuten-Sendung hielt: 1000 Menschen haben am 27. April in Hamburg für das Kalifat und für die Scharia demonstriert. Für einen Gottesstaat also, der einen universalen, weltweiten Geltungsanspruch reklamiert. Und für eine »Rechtsordnung« nach religiösen statt nach weltlichen Regeln. Vorne die casual gekleideten Männer, hinten ein paar Frauen, fast alle mit Sehschlitzen. Zum Nikab hat die Politik übrigens auch keine Meinung. Offizielle Begründung: Er sei in Deutschland kaum einmal zu sehen. Wird also Zeit, dass ich mal wieder zum Augenarzt gehe.
Dieses Land hat nicht ansatzweise verstanden, was gerade passiert. Beispielsweise in Schulen, in denen Mädchen terrorisiert werden, die sich nach Meinung ihrer gleichaltrigen männlichen Steinzeit-Mitschüler »haram« (nicht islamkonform) verhalten. Etwa weil sie sich schminken oder ihr Haar offen tragen. Musikunterricht? Singen ist nicht »halal«. Sportunterricht für Mädchen? Haram as hell. Befeuert wird das von genau den Leuten, die ungestört durch Hamburgs Stadtteil St. Georg laufen durften – und an den Wochenenden Teenager in den Innenstädten zu missionieren versuchen.
Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.
Und die Politik? Bundesinnenministerin Faeser fand, der Aufmarsch sei »schwer erträglich«. Das stimmt, aber wer nimmt Politikerinnen ernst, die Unerträgliches weiter ertragen wollen? Zumindest behauptet die Polizei, es gebe keine Rechtsgrundlage, um bei Leuten aktiv zu werden, die kein Gesetz dieses Landes für relevant halten, weil sie nur religiöse Regeln (bzw. das, was sie dafür halten) akzeptieren.
Noch viel mehr als das Versagen der Politik empört mich allerdings das Schweigen so vieler NGOs auf der politischen Linken, deren blinder Fleck der politische Islam bleibt. Aus Angst, in die rechte Ecke gerückt zu werden? Aus Angst, von dort gelobt zu werden? Das wären echt niedliche Erwägungen angesichts einer Bewegung, die – käme sie an die Macht – niemanden sonst mehr zu Wort kommen lassen würde, der in den 15 Minuten »Tagesschau« für wichtiger gehalten wurde als die Islamistenszene. Ein Kalifat steht für die Abschaffung all dessen, was politisch seit dem 18. Jahrhundert und ideengeschichtlich seit der Aufklärung erkämpft wurde, es will das exakte Gegenteil all dessen, was Linken wichtig ist oder wichtig sein müsste. Vielleicht sollten wir allmählich mal aufwachen. Die liberalen Musliminnen und Muslime müssten sich dann nicht mehr so allein fühlen.
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