Moorschutz bleibt auf dem Trockenen

Bundesländer verfügen über kaum Daten zur Wiedervernässung ihrer Moore

  • Leonie Vogelsang und Jörg Staude
  • Lesedauer: 4 Min.
Auf Rügen bauen Freiwillige eine Wassersperre, um ein Moor wiederzuvernässen.
Auf Rügen bauen Freiwillige eine Wassersperre, um ein Moor wiederzuvernässen.

Moore sind ein beliebtes Politikobjekt in Deutschland. Mit der jüngsten Novelle des Bundesklimaschutzgesetzes wird natürlichen CO₂-Senken wie Mooren eine »besondere Bedeutung« zuerkannt.

Ende April gründete sich eine »Allianz der Pioniere«, bestehend aus Stiftungen, den Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft sowie dem Greifswald Moor-Centrum. Die Allianz will sich um eine Idee kümmern, die gefühlt seit Jahrzehnten helfen soll, trockengelegte Moore wiederzuvernässen und zu CO₂-Speichern zu entwickeln: die Paludikultur. Die Land- und Forstwirtschaft auf wiedervernässten Mooren biete »erhebliche Potenziale« für den Klima- und Artenschutz, aber auch für alternative Einkommensquellen der Agrarbetriebe und für regionale, fossilfreie Rohstoffe, wird geworben.

Der Bundeslandwirtschaftsminister gibt für die Pilotprojekte 1,8 Millionen Euro über drei Jahre, nicht aus seinem Haushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds.

Mehr verwertbare Biomasse aus Mooren gibt es aber nur, wenn bisher trockengelegte Moore wiedervernässt werden. Über die größten Potenziale dafür verfügen die acht moorreichsten Bundesländer: Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt sowie im Süden Baden-Württemberg und Bayern.

Konkrete Zahlen nur aus zwei Ländern

Bei einer Anfrage an alle acht Länder, wie viele Moorflächen im vergangenen Jahr für die Wiedervernässung gesichert wurden, nennen nur die Umweltministerien Schleswig-Holsteins und Baden-Württembergs konkrete Zahlen.

Die Angaben aus Schleswig-Holstein stammen von der Stiftung Naturschutz des Landes. Andere Akteure, die ebenfalls Moore wiedervernässen, tauchen darin nicht auf. Die von der Stiftung 2023 gesicherten Flächen betragen demnach insgesamt 133 Hektar. Eine Mehrfachnutzung wie durch Paludikultur sei auf den Flächen nicht geplant, teilt das Landesministerium mit.

In Baden-Württemberg hätten 2023 Planungen begonnen, um künftig etwa 170 Hektar Niedermoor wiederzuvernässen, antwortet das dortige Umweltressort. 100 Hektar davon würden auch nach der Wiedervernässung in einer extensiven, an den Wasserhaushalt angepassten Nutzung bleiben, vor allem also als Grünland. Die weiteren 70 Hektar sind Hochmoor und würden auch künftig nicht genutzt. In den kommenden Jahren sollen die zur Wiedervernässung freigegebenen Flächen deutlich größer werden.

Zwei der zuständigen Ministerien, die in Bayern und in Niedersachsen, antworteten bislang überhaupt nicht. Die anderen vier Bundesländer können keine aktuellen Zahlen zum Stand der Wiedervernässung nennen. Mecklenburg-Vorpommern erklärt, die Daten würden zurzeit noch bei den unteren Wasser- und Naturschutzbehörden angefragt und erst dann in die Datenbank eingearbeitet und ausgewertet.

Auch Nordrhein-Westfalen arbeite derzeit noch an der Datenerfassung und könne aufgrund der laufenden Arbeiten noch keine Zahlen zur Verfügung stellen, so die Auskunft. Im entsprechenden »Naturschutz-Fachkonzept« will das Bundesland unter anderem den Bestand wertvoller Moorflächen zur Erhaltung und Optimierung sowie die Potenziale für die Wiederherstellung von Mooren erfassen.

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Pilotprojekte zur Mehrfachnutzung

Brandenburg und Sachsen-Anhalt heben in ihren Antworten die Arbeit an Pilotprojekten hervor, in denen verschiedene Nutzungen und Wiedervernässungsgrade getestet würden. In Brandenburg geht es nach Auskunft der Behörde vorrangig darum, Moore nach der Wiedervernässung weiter nutzen zu können. Nur vereinzelt sei Naturschutz das Hauptziel.

Das sachsen-anhaltische Umweltministerium betont seinerseits, eine Mehrfachnutzung sei grundsätzlich möglich. Hier soll ebenfalls eine Datenbank aufgebaut werden, die unter anderem die wiedervernässten Flächen erfassen soll.

Auch das Thünen-Institut für Agrarklimaschutz in Braunschweig arbeitet an einem Moorbodenmonitoring, wie die Forschungseinrichtung des Bundes auf Anfrage informiert. Erfasst werden sollen der aktuelle Status der Moore und die Treibhausgasemissionen ebenso wie Minderungsmaßnahmen durch Wiedervernässung und Paludikultur.

In Deutschland waren einst etwa fünf Prozent der Landesfläche mit Mooren bedeckt. Von dem verbliebenen 3,6-Prozent-Anteil sind immer noch über 95 Prozent entwässert und werden genutzt. Diese trockengelegten Moore verursachen etwa sieben Prozent der deutschen Klimaemissionen.

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