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Schließung von Mädchenzentren soll zurückgenommen werden

Jugendhilfeausschuss Friedrichshain-Kreuzberg fordert die Rücknahme der Kündigung von Frieda e.V.

Schild auf einer Solikundgebung: Die Nutzer*innen der Mädchenzentren sind gegen die Schließung
Schild auf einer Solikundgebung: Die Nutzer*innen der Mädchenzentren sind gegen die Schließung

Es muss eine schwierige Debatte im Jugenhilfeausschuss (JHA) Friedrichshain-Kreuzberg gewesen sein. In der vierten Sondersitzung zur vom Jugendstadtrat Max Kindler (CDU) ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Trägers von zwei Mädchenzentren im Bezirk, dem Frieda Frauen*zentrum (Frieda e.V.), wurde am Dienstag erst um 23.30 Uhr eine Entscheidung getroffen. Am Ende der nicht öffentlichen Sitzung fordert der JHA das Jugendamt dazu auf, die Kündigung zurückzunehmen.

In der schriftlichen Fassung des Beschlusses wird detailliert aufgeschlüsselt, wie der Prozess weitergehen soll. »Sofern Frieda e.V. diesem Angebot zustimmt, kommt es rechtlich zu einer Neugründung des Leistungsvertrags und ein geordnetes, ergebnisoffenes und rechtssicheres Verfahren zur Überprüfung der Zusammenarbeit wird eingeleitet«, heißt es.

Diese Zusammenarbeit ist an Bedingungen für Frieda e.V. geknüpft. Der Verein soll sich öffentlich von antisemitischen Äußerungen und Haltungen distanzieren, ebenso soll er sich davon distanzieren, »das Existenzrecht Israels grundsätzlich abzusprechen«. Von Frieda e.V. erwarte man »eine respektvolle Kooperations- und Dialogbereitschaft mit dem Jugendamt und Jugendhilfeausschuss zur Aufklärung der Vorwürfe und weiteren Vorgehensweise«. Außerdem wird Frieda aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, um »weiteren Schaden von der Zielgruppe abzuwenden« und dass »sichergestellt wird, dass alle Mädchen und jungen Frauen sich wohl und sicher fühlen«.

Den größten Schaden hat die Zielgruppe wohl mit der Schließung der Mädchenzentren erfahren. Jugendstadtrat Kindler hatte Frieda e.V. in einer viel kritisierten Entscheidung Ende April die Leistungsverträge gekündigt, weil er einzelnen Mitarbeiter*innen Antisemitismus vorwirft, weswegen das Vertrauen verloren gegangen sei. Konkret geht es darum, dass Mitarbeiter*innen auf einer propalästinensischen Demonstration fotografiert wurden. Die weiteren Vorwürfe richten sich gegen Shokoofeh Montazeri, die mittlerweile nicht mehr bei Frieda e.V. arbeitet. »Wir haben uns gemeinsam dazu entschieden, die Zusammenarbeit zu beenden, um Schaden von Frieda abzuwenden«, sagt Manal Sode von Frieda e.V. im Gespräch mit »nd«.

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Sode erklärt weiter, man werde sich einen Überblick über die Forderungen an Frieda e.V. verschaffen. »Wir haben aber auf jeden Fall ein Interesse an einer guten Kooperation, gerade wegen der Mädchen*, mit denen unsere Mitarbeiter*innen über Jahre eine gute Beziehung aufgebaut haben«, so Sode weiter. Ganz zufrieden ist sie aber nicht. »Wir haben den Eindruck, dass rassifizierte Menschen unter einen Generalverdacht gestellt werden«, sagt sie. In Bezug auf die Arbeit in den Mädchenzentren habe es nie Beschwerden wegen Diskriminierung irgendwelcher Art gegeben.

Ob das Jugendamt die Aufforderung des JHA umsetzt, ist nicht klar. »Es gibt Streit darüber, welche Kompetenzen das Jugendamt hat und welche der JHA«, sagt Kolja Fuchslocher, jugendpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg, zu »nd«. Nach der Debatte sei sein Vertrauen darin, dass Jugendstadtrat Kindler die Entscheidung des JHA umsetze, aber nicht gewachsen, so Fuchslocher.

Vor der nicht öffentlichen Sitzung gab es eine 45-minütige öffentliche Sitzung. Erste Rednerin ist Manal Sode, die lauten Applaus von den Zuschauer*innen bekommt. Die intersektionale Praxis von Frieda e.V. bedeute, dass sie gegen jede Art von Diskriminierung stünden und dass unterschiedliche Diskriminierungsformen als miteinander verbunden sähen, sagt sie. »In unserer Arbeit stellen wir uns gezielt gegen Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus, Rassismus, Klassismus und alle weiteren Diskriminierungsformen.«

Auch Fuchslocher hält eine Rede. Ihm ist es wichtig, »dass der Nazi nicht gewinnt«, die Schließung zurückgenommen wird. Mit dem »Nazi« meint er einen Nachbarn eines der von der Kündigung betroffenen Mädchenzentren. Dieser hat immer wieder Besucher*innen und Mitarbeiter*innen rassistisch bedroht, beleidigt und angegriffen. Unter anderem deswegen hatte es schon Auseinandersetzungen zwischen Frieda e.V. und dem Bezirk gegeben.

Unter den weiteren Redner*innen sind vor allem Sozialarbeiter*innen. Eine von ihnen spricht für Lisa e.V., einen freien Träger aus Charlottenburg. Sie sagt, sie habe sich abgesichert, ob sie sich äußern könne, aus Angst vor Kollektivbestrafungen. Sie geht mit Kindler hart ins Gericht. Die Entscheidung sei verantwortungslos und eine »Machtdemonstration einer Person, die mit pädagogischer Arbeit nichts zu tun hat«.

Jugendstadtrat Kindler bedankt sich in seinem Redebeitrag einleitend dafür, dass sich Frieda e.V, von Antisemitismus distanziert habe. Die Demokratie in Deutschland sei unter Druck, »von rechts, von links, von vielen Seiten«. Anders als die vorherigen Redner*innen, die vor allem über Sozialarbeit reden, geht er in seinem Redebeitrag auf den Nahost-Konflikt und den Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 ein. Ein Großteil der Zuschauer*innen verlässt daraufhin den Saal. Er sagt, Gerichte seien der Weg, seine Entscheidung zu überprüfen.

Während der ganzen Sitzung sind von draußen Sprechchöre zu hören. Vor dem Bezirksamt haben sich knapp 150 Menschen versammelt, um sich mit Frieda e.V. zu solidarisieren. Unter den mehrheitlich jungen Demonstrant*innen ist auch Elisabeth von den »Omas gegen Rechts«. Sie sagt, es habe sie geschockt, dass man die Besucher*innen der Mädchenzentren im Regen stehen lässt, ohne Sorge zu tragen, wie das Projekt weitergehen kann. »Ich bin ja auch schon älter. Das hat mich an die 70er erinnert, wo es im Westen Berufsverbote gab, wo man bespitzelt wurde und wo kontrolliert wurde, wo man zugehörig ist.«

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