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Berlin: Die Bezirke bremsen das Bauen nicht

Mit dem Schneller-Bauen-Gesetz sollen Kompetenzen von den Bezirken an den Senat gehen

Die Bezirke verschleppen die dringend benötigte Bautätigkeit – das gilt fast als selbstverständliche Annahme, flankiert von Meldungen darüber, wie lange die Aufstellung von Bebauungsplänen oder die Erteilung von Baugenehmigungen dauert. Die scheinbar logische Konsequenz ist – zumindest wenn man die Pläne des Bausenats mit seinem Schneller-Bauen-Gesetz betrachtet – eine Verlagerung von Kompetenzen hin zum Senat. »nd« hat mit verschiedenen Baustadträten über die Gründe dafür, dass Bauverfahren so lange dauern, wie sie dauern, gesprochen.

Eva Majewski (CDU) ist Baustadträtin im Bezirk Tempelhof-Schöneberg und sagt, dass die Bearbeitungsdauer mit Sicherheit nichts mit der Zuständigkeit der Bezirksämter zu tun habe. »Es gibt jedenfalls keine Empirie für die Annahme, die Senatsverwaltung könne dies besser oder schneller. Warum auch?« Im Grunde teilen alle Stadträte, die »nd« angefragt hat, diese Einschätzung.

Claudia Leistner (Grüne) Baustadträtin im Bezirk Treptow-Köpenick sagt, dass Verfahren für Bebauungspläne deswegen sehr lange dauern, weil die Vorgaben aus Gesetzgebung und vor allem Rechtssprechung immer komplexer geworden seien. Das bestätigen auch alle anderen Stadträte, die auf »nd«-Anfrage geantwortet haben. »Die Erarbeitung eines Bebauungsplans ist hoch komplex und deshalb auch fehleranfällig«, sagt etwa auch Eva Majewski.

Ähnlich gelagert ist die Situation bei Bauanträgen. Diese beziehen sich anders als Bebauungspläne, mit denen größere Flächen geplant werden, auf einzelne Bauvorhaben. Auch dort gilt es eine Vielzahl an Vorschriften zu beachten. »Viele Architektinnen und Architekten haben sich da reingekniet und zusätzliches Fachwissen gesammelt«, sagt Leistner. Immer wieder seien Entwurfsverfasser aber überfordert, was zu Verzögerungen führe. Patrick Steinhoff (CDU), Baustadtrat in Steglitz-Zehlendorf, beklagt auch eine »immer schlechter werdende Qualität der Bauanträge«.

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Ein Problem, dass alle Bezirksverwaltungen haben, ist die Personalsituation. »Die Kollegen machen hier Bebauungspläne am Fließband«, sagt etwa Thorsten Schatz (CDU), Baustadtrat in Spandau im Gespräch mit »nd«. Es gebe aber keine Waffengleichheit zwischen Senat und Bezirken. »Wenn Aufgaben zum Senat gegeben werden, dann wandern die Mitarbeiter dorthin. Der Senat bezahlt zwei Gehaltsstufen drüber. Die klugen Köpfe sind stark umworben.« Korinna Stephan (Grüne), Baustadträtin in Reinickendorf, sieht das ähnlich: »Als Konsequenz würden die Bezirke noch schwieriger qualifiziertes Personal finden.« Die bezirkliche Kompetenz und Hoheit würde damit weiter geschwächt werden.

Diese Hoheit ist den Stadträten wichtig. »Die Bezirke sind von der räumlichen Größe und Einwohnerzahl großstädtische Gemeinden«, sagt Stephan. Dies erfordere autarkes und situationsbedingtes Handeln, um Planung und Bauen nicht an den Bedürfnissen der Gesellschaft vorbei zu entwicklen. »Die Bezirke haben naturgemäß einen anderen Blick. Wir haben immer die soziale Infrastruktur im Blick«, sagt auch der Spandauer Thorsten Schatz.

Die Suche nach Flächen für diese Infrastruktur sei einer von vielen »Zeitfressern«, meint auch die Treptower Baustadträtin Leistner. Diese seien Voraussetzung für die Ausweisung neuer Wohnbauflächen. Diese Herausforderung stellt sich nicht nur in der Innenstadt. »Auch Spandau kommt flächenmäßig an seine Grenzen«, sagt Thorsten Schatz. Das Flächenproblem wirkt sich auch anderweitig aus. Fehlende Standorte für Ersatzpflanzungen sowie der im Land Berlin nicht mögliche wertgleiche Flächentausch führen letztendlich zu Verzögerungen, meint Leistner. Immerhin das soll im Schneller-Bauen-Gesetz angegangen werden: Ausgleichsplanzungen sollen in Zukunft auch außerhalb von Berlin möglich sein.

Neben der sozialen Infrastruktur gilt es, für die Erstellung von Bebauungsplänen Gutachten zu Verkehrsplanung, Entwässerung, Immissionsschutz – also der Schutz vor Lärm, Gefahrenstoffen und anderen Umwelteinflüssen – und vielem mehr einzuholen und abzuwägen. Zusätzlich dazu müssen auch Anwohner*innen eingebunden werden. Notwendige Maßnahmen für eine gute Stadtplanung. »Ich sehe aber nicht, wie der vorgelegte Gesetzesentwurf diese Ursachen angeht«, meint Claudia Leistner.

Gerade in diesen Fragen sind es nicht die Bezirke, die trödeln. Wenn es nach Thorsten Schatz geht, müssten für alle Behörden verbindliche Fristen gelten. »Wir haben teilweise Monate und Jahre auf eine Stellungnahme der Senatsverwaltung für Verkehr gewartet. Bei mir läuft dann eine Frist und am Ende heißt es, die Bezirke arbeiten langsam.« Die zu beantwortenden Fragen seien ja nicht trivial und müssten entschieden werden.

Zu alldem kommt auch noch die herausfordernde Arbeit mit teilweise jahrhundertealten Akten und gleichzeitiger digitaler Aktenführung. »Wir haben hier Akten von 1840, die sind quasi auf Butterbrotpapier. Das Baulastverzeichnis wird auf Karteikarten geführt«, berichtet Schatz. Eine Digitalisierung ist für die Bezirke finanziell nicht zu stemmen. »Man kann sich nicht vorstellen, was das kostet.«

Trotz alledem bewerten nicht alle Baustadträte das Schneller-Bauen-Gesetz durchweg negativ. »Der Grundtenor ist richtig, auch wenn ich einiges kritisch sehe«, meint etwa Schatz. Er finde es gut, dass Aufgaben klarer verteilt werden sollen. Auch dass bei Widersprüchen gegen einen bauaufsichtlichen Bescheid die Senatsverwaltungen beteiligt werden sollen, stößt auf Zuspruch. »Die Bezirke werden durch diese Maßnahme entlastet«, sagt etwa Korinna Stephan.

Oft sind es aber sowieso nicht Verwaltungsverfahren, die Bauprojekte verhindern oder verzögern, sondern die gestiegenen Baukosten und das Zinsniveau. »Ich habe hier Bauträger, die sagen, sie haben ein tolles Projekt, aber das können sie nicht finanzieren.«

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