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Wehrpflicht: Zwangsdienst in Vorbereitung
Der Bundeswehr fehlt Personal, der Verteidigungsminister will ihr mehr Rekruten zuführen
Trotz cleverer Werbevideos, trotz Präsenz auf allen Messen und in Schulen: Die Bundeswehr hat ein Personalproblem. Viel weniger junge Menschen als gewünscht finden eine Karriere bei der Truppe attraktiv – trotz guter Bezahlung, trotz vieler Angebote für Berufsausbildungen und Hochschulstudien. Schon lange wünscht sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius deshalb eine Rückkehr zur vor 13 Jahren ausgesetzten Wehrpflicht.
Am Mittwoch nun stellte der SPD-Politiker sein Konzept für einen »neuen Wehrdienst« vor. Danach sollen künftig alle jungen Männer verpflichtet werden, in einem Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Wehrdienst zu geben. Anschließend soll ein Teil von ihnen zur Musterung einbestellt werden. Eine Pflicht zur Ableistung eines Wehrdienstes ist bislang nicht vorgesehen. Und für Frauen gibt es generell keine Verpflichtungen, da sie laut Grundgesetz nicht zum Militärdienst herangezogen werden dürfen.
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Militärplaner gehen davon aus, dass pro Jahr 400 000 Menschen den Fragebogen ausfüllen müssen. Rund ein Zehntel von ihnen soll zur Musterung eingeladen werden.
Aktuell gibt es in der Bundeswehr nur Kapazitäten für eine Ausbildung von 5000 bis 7000 zusätzlichen Rekruten pro Jahr. Allein dies würde nach Angaben des Ministers 1,4 Milliarden Euro jährlich kosten. Der künftige Wehrdienst soll sechs Monate dauern und freiwillig auf 17 Monate verlängert werden können.
Trotz einer Personaloffensive hatte die Bundeswehr im vergangenen Jahr nur noch 181 500 Soldatinnen und Soldaten. Die Pläne des Ministeriums zielen vor allem auf eine deutliche Stärkung der Reserve ab. Es gehe »ausschließlich um die Aufwuchsfähigkeit und die Stärkung der Reserve für die Gesamtverteidigung«, hieß es am Mittwoch aus dem Verteidigungsausschuss des Bundestages, wo Pistorius das Konzept zuerst präsentiert hatte. Langfristiges Ziel ist demnach eine Personalstärke der Bundeswehr von 460 000 Soldaten, davon rund 200 000 Aktive, der Rest in der Reserve.
Vertreter der Ampel-Parteien reagierten grundsätzlich positiv auf die Vorschläge. Die CDU fordert in ihrem kürzlich verabschiedeten neuen Grundsatzprogramm die vollumfängliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. Daher gehen ihr die Pläne von Pistorius nicht weit genug.
Für die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, ist derweil klar: »Eine Ansprache nur von Männern wäre nicht zeitgemäß.« Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Grundsätzliche Ablehnung der Pläne kommt aus dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der Linken. Der BSW-Verteidigungsexperte im Bundestag, Ali Al-Dailami, sagte am Mittwoch gegenüber »nd«, der »vermeintliche Personalmangel der Bundeswehr« entstehe nur dadurch, »dass sich die Bundesregierung ständig an Nato-Vorgaben und Aufforderungen zur Aufstockung des Personals« orientiere. Der Wehrdienst müsse freiwillig bleiben. Mehr Personal gewinne man nur »über eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und vor allem über eine Beendigung der Auslandseinsätze«.
Auch die Linke-Vorsitzende Janine Wissler lehnt eine »Reaktivierung der Wehrpflicht, um Personal für die ausgerufene Zeitenwende und die geforderte Kriegstüchtigkeit zu rekrutieren, strikt ab«. Dietmar Bartsch, Sprecher für Verteidigungspolitik der Linken im Bundestag, betonte, langfristig müsse klar sein: »Niemand darf gegen seinen Willen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Verweigerung muss weiter möglich bleiben.«
Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) kündigte an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Umsetzung der Pläne zu verhindern. DFG-VK-Bundessprecher Ralf Buchterkirchen rügte, der Zwang zum Ausfüllen der Fragebögen und zur Musterung sei »eine Reaktivierung der Wehrpflicht durch die Hintertür«. Die DFG-VK lehnt »Zwangsdienste« generell ab und fordert, »statt einer Ausweitung des Militärischen endlich zivile Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung ausreichend zu fördern, um friedensfähig statt kriegstüchtig zu werden«.
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