»Manne« soll blechen

Eigentümer wollen Ordnungsgeld gegen 84-jährigen Mieter in Reinickendorf verhängen lassen

Ort des mutmaßlichen Verstoßes gegen die Duldungspflicht: Manfred »Manne« Moslehners Haus
Ort des mutmaßlichen Verstoßes gegen die Duldungspflicht: Manfred »Manne« Moslehners Haus

Es ist wohl dem großen Andrang im kleinen Saal im Amtsgericht Wedding geschuldet: Die Richterin erklärt, bevor sie in die Verhandlung einsteigt, worum es am Dienstagmorgen nicht geht: um das Räumungsurteil gegen den 84-jährigen Manfred »Manne« Moslehner, zumindest nicht direkt. Die »Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft mbH« beantragt Ordnungsgeld oder hilfsweise Ordnungshaft gegen Moslehner. Er war gerichtlich dazu verpflichtet worden, die Modernisierung seiner Wohnung zu dulden. Diese Duldungspflicht soll er verletzt haben.

Vor Gericht sagt Uli M., ehemaliger Mitarbeiter der Holding »Wert Concept Investmentgroup«, zu der die »Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft« gehört, im Zeugenstand aus. Er sei von seinem Chef beauftragt worden, »den Schlüssel in Empfang zu nehmen«. Ein entsprechender Versuch am Morgen des 22. September 2023 sei aber gescheitert. Darauf stützt sich der Antrag der Eigentümer.

Vor dem Haus sei eine Menschentraube gewesen, wegen der sich M. unwohl gefühlt habe. Er sei an Moslehner herangetreten und habe ihm gesagt, dass er den Schlüssel abholen wolle. Er hätte ja nur den einen Schlüssel, habe dieser entgegnet. M. erinnert sich, zu Moslehner gesagt zu haben, dass das wohl heiße, dass er keinen Schlüssel bekommen werde. Ob er sich vorgestellt oder gesagt habe, wer ihn beauftragt hat, daran könne er sich nicht erinnern, so M.

Nachdem sich M. vom Gespräch mit Moslehner zurückgezogen habe, sei er von einem Aktivisten der »Letzten Generation« verfolgt, bedrängt und fotografiert worden. Dieser Aktivist habe dann auch die Polizei gerufen.

Der zweite Zeuge, Bertram W., Mitarbeiter des SPD-Abgeordneten Sven Meyer, war auch zugegen, als M. den Schlüssel abholen wollte. Worum es in dem besagten Gespräch gegangen sei, habe er nicht mitbekommen. Dafür aber, dass M. von Hartmut Lenz, einem weiteren Bewohner der Siedlung gefragt wurde, wer er denn sei. Die »Letzte Generation« erwähnte W. nicht.

Hat Moslehner durch sein Verhalten die Duldungspflicht verletzt? Eine Entscheidung über den Antrag wurde am Dienstag nicht getroffen. Wann ein Beschluss ergeht, ist nicht klar. Moslehners Anwalt Henrik Solf will sich im Gespräch mit »nd« nicht auf eine Einschätzung einlassen. Aber die Beweisaufnahme sei gut gewesen.

»Manne« lebt seit seiner Geburt in dem kleinen Haus in der »Kleinhaussiedlung am Steinberg« in Reinickendorf. Nach einer Modernisierung, so befürchten er und seine Unterstützer*innen, könne er sich die Miete womöglich nicht mehr leisten. Weil er die Duldungspflicht verletzt haben soll, entschied das Amtsgericht Wedding am 22. April, dass er seine Wohnung räumen muss. Damals sagte er, dass ein Auszug für ihn der Tod sei. Indirekt geht es also doch um die Räumungsklage.

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