Mögliches Hertha-Stadion: Berlins Senat zieht Planungsrecht

Im Berliner Olympiapark übernimmt der Senat die Baukontrolle und treibt zugleich die Pläne am Flughafen Tegel voran

Noch das einzige größere Stadion im Ortsteil Westend: Das Berliner Olympiastadion
Noch das einzige größere Stadion im Ortsteil Westend: Das Berliner Olympiastadion

Zur Europameisterschaft der Männer empfängt der feierlich hergerichtete Olympiapark Fußballfans aus aller Welt. Währenddessen berät der Senat im Roten Rathaus über die Zukunft des insgesamt über 290 Hektar großen Sportgeländes im Berliner Westen – und bringt sich für den möglichen Bau eines neuen Hertha-Stadions in Position.

Von einer Anlage mit »herausragender historischer Bedeutung«, von der »wichtigsten Sportanlage in Berlin« spricht Bausenator Christian Gaebler (SPD), als er nach der Senatssitzung am Dienstag vor die Presse tritt. All das, teilt der Senat mit, soll sich nun auch in der Verwaltung des Geländes widerspiegeln. Dem Ausführungsgesetz des Baugesetzbuches entsprechend stellt das Land Berlin »die außergewöhnliche stadtpolitische Bedeutung für die Flächen des Olympiaparks« fest.

Übersetzt heißt das: Der Senat übernimmt die Planungskontrolle. Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen im Olympiapark obliegen künftig Gaeblers Bauverwaltung. »Die Landesregierung hat sich in ihren Richtlinien das Ziel gesetzt, das Gelände des Olympiaparks stückweise weiterzuentwickeln«, sagt der SPD-Senator. Betroffen sei eine über 130 Hektar große, mit der örtlichen Bezirksverwaltung abgestimmte Fläche zwischen der Grünanlage am Murellenweg im Norden sowie der Jesse-Owens-Allee im Süden.

Die für die Verwaltung des Geländes bereits zuständige Sportverwaltung habe bereits diverse Konzepte entwickelt, so Gaebler. An diesen soll auch in Zukunft weitergearbeitet werden, und das offenbar mit möglichst geringem Widerstand. Durch seinen Beschluss entmachtet der Senat nämlich zugleich den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, der einen möglichen Stadionbau im Olympiapark ablehnt. Bereits im April hatte Bezirksbaustadtrat Christoph Brzenzinski nach ersten Berichten über eine Kontrollübernahme Kritik geübt. Der CDU-Politiker warnte den Senat davor, zu schnell Flächen an sich zu ziehen. Widerstand aus dem Bezirk gegen den Olympiapark als Standort des neuen Hertha-Stadions werde schlichtweg übergangen, so Brzenzinski.

»Es gibt noch Überlegungen, welche Flächen im Park zusätzlicher Sportnutzung zugeführt werden.«

Christian Gaebler SPD-Bausenator

Bausenator Gaebler versucht zu beruhigen: »Damit ändert sich erst einmal nichts, außer dass bei der Bauleitplanung der Senat dann am Ende die Federführung hat.« Nach wie vor wolle und werde man die Kompetenz der Bezirksverwaltung in die Entscheidungsfindung einbeziehen. Die Komplexität und der Finanzierungsumfang anstehender Planungsprozesse rund um das »Großprojekt« Olympiapark hätten unter anderem zu dem Senatsbeschluss beigetragen. »Es gibt noch Überlegungen, welche Flächen im Park zusätzlicher Sportnutzung zugeführt werden.«

Zu konkreten Plänen für ein neues Hertha-Stadion bezieht Gaebler keine Stellung, schließt aber auch nichts aus. Der Senat wolle sich auf künftige nationale Sportereignisse vorbereitet wissen. »Ob dafür spezielle Maßnahmen erforderlich sind, kann man im Moment noch nicht sagen«, ergänzt Gaebler. Er verweist auf die Expert*innenkommision, die durch die Berliner Sportverwaltung zur Lösung der Stadionfrage eingesetzt wurde. Auch zu möglichen Vorkehrungen für eine Bewerbung als Austragungsort der Olympischen Spiele 2036 hält sich Gaebler bedeckt.

Einige Schritte weiter ist der Berliner Senat am ehemaligen Flughafen Tegel, wo unter anderem ein Gewerbepark und Wohnungen entstehen sollen. Dort hat sich Schwarz-Rot auf den Bebauungsplan für eine rund 13 Hektar große Fläche im Süden des ehemaligen Flughafenareals geeinigt. Dieser soll nun dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden.

Im Konkreten handelt es sich dabei um den Eingangsbereich des künftigen Industrie- und Forschungsparks Urban Tech Republic. Wie der Senat mitteilt, umfasst der Bebauungsplan überwiegend Gewerbegebiete und soll auch die Umnutzung bestehender Verwaltungsbauten des ehemaligen Flughafens ermöglichen. Der Industriepark soll neuer Standort für bis zu 1000 Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen mit Fokus auf »urbane Technologien« sowie für einen Hochschulcampus werden. In dem Industriepark, so verspricht es der Senat, würden künftig »zukunftsweisende Lösungen für lebenswerte Städte« erforscht, entwickelt, getestet und produziert. Erste Firmen sollen 2027/28 einziehen.

Weitere Pläne für das gesamte Areal werden laut Gaebler folgen. »Aktuell gibt es gar kein Planungsrecht auf dem Gelände«, sagt der SPD-Politiker. Um das zu ändern, müsse der Senat nun schrittweise einen Bebauungsplan nach dem anderen vorlegen. Für das Schumacher-Quartier, in dem über 5000 Wohnungen entstehen sollen, soll demnach ebenfalls noch im laufenden Jahr ein Bebauungsplan auf den Weg gebracht werden. Die Massenunterkunft am ehemaligen Flughafen, in der 4000 überwiegend ukrainische Geflüchtete untergebracht sind, werde trotz der Umbauarbeiten vorerst bis 2025 bestehen, so Gaebler. »Wir haben im Moment wenige Möglichkeiten, sie anderweitig unterzubringen.«

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