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Brandenburg-Hilfspaket als solches gestorben
Finanzministerin Lange will offene Maßnahmen nun aus den Rücklagen bezahlen
Das Land könnte seine Begründung dafür nachbessern, dass sich Brandenburg in einer unverschuldeten Notlage befinde – und dann trotz Schuldenbremse weiter Kredite aufnehmen. Doch das Risiko, dass der Nachtragshaushalt 2024 vom Landesverfassungsgericht kassiert wird, ist Finanzministerin Katrin Lange (SPD) zu groß.
Vergleichbar ist es dem Land am Freitag auf schon mit seinem Brandenburg-Hilfspaket ergangen, weil die Notlage nicht ausreichend begründet war. Das soll dem Finanzministerium nicht noch einmal passieren. Lange will deshalb vorerst nicht noch mehr Schulden machen und stattdessen auf die Rücklagen des Landes zugreifen. 1,6 Milliarden Euro liegen noch in Reserve. Das reicht, um die im Haushalt entstandene Lücke zu schließen.
Letzter Stand vor dem Urteil am Freitag war es, dass die rot-schwarz-grüne Koalition in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellen wollte, um die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Krise abzufedern. 550 Millionen sind im vergangenen Jahr abgeflossen und im laufenden Jahr bis Ende Mai weitere 225 Millionen. Die muss das Land nun nicht zurückfordern, hat das Verfassungsgericht glücklicherweise entschieden. Aber zusätzliche Projekte im Umfang von 623 Millionen Euro sind bis 21. Juni bereits bewilligt worden und es sollten noch welche hinzukommen.
Da hat Finanzministerin Lange nun aber am Montag bis auf Weiteres eine Bewilligungssperre verhängt. »Ich hätte mir ein anderes Urteil gewünscht«, gesteht sie am Donnerstag in einer Sondersitzung des Landtags. »Jetzt ist es, wie es ist.« Die Folgen des Urteils seien »weitreichend«. Ein Weiter-so könne es nicht mehr geben. Die seit 2020 für Bund und Länder geltende Schuldenbremse, die eine Nettokreditaufnahme nur noch ausnahmsweise zulässt, nennt Lange ein »selbstverschuldetes Unglück für den Parlamentarismus«. Ihrer Ansicht nach sollte die Schuldenbremse abgeschafft werden. Die aus dem Brandenburg-Paket bereits bezahlten Maßnahmen seien nicht »schlecht, unsinnig oder wirkungslos« gewesen, betont Lange. Ohne das Paket stünden Land und Leute heute schlechter da. Insofern habe sie ein gutes Gewissen, wenngleich sie durch das Urteil mit zerbeulter Rüstung dastehe, sagt Lange.
»Sie müssten ein schlechtes Gewissen haben«, meint AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt – und er glaubt, insgeheim habe die Ministerin ein schlechtes Gewissen, gebe das nur nicht zu. An Warnungen habe es nicht gefehlt. Auch der Landesrechnungshof habe vorher darauf hingewiesen, dass eine tragfähige Begründung für die erklärte Notlage fehle. Nach Ansicht von Berndt bräuchte es keine Kredite, wenn die Koalition mit den Steuereinnahmen ordentlich umgehen würde. »Sie haben Geld. Sie haben zu viel Geld.« Man verschwende aber Mittel für Migranten und die »linksextreme Klientel«, behauptet Berndt. Ihm schmeckt es zum Beispiel nicht, dass die Kampagne »Schöner leben ohne Nazis« 32 000 Euro erhalten hat.
»Das Verfassungsgericht hat nicht kritisiert, dass wir helfen wollen«, stellt Linksfraktionschef Sebastian Walter klar. Kritisiert habe es die Art und Weise, wie das Hilfspaket durchgedrückt worden sei – ungeachtet auch von Warnungen der Linken. Doch die Schuldfrage will Walter gar nicht weiter diskutieren. Wichtig sei, dass jetzt trotzdem die Tafeln finanzielle Unterstützung erhalten, die sie eher gestern als morgen bräuchten, um Bedürftige mit Lebensmitteln zu versorgen. Das bekommt Walter zugesichert. Den Antrag der AfD, die Finanzministerin abzulösen, lehnt der Landtag ab. Sicher hat Lange ihren Job sowieso nur noch, bis nach der Landtagswahl im September eine neue Regierung gebildet wird.
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