• Politik
  • Ermittlungen in Brasilien

Kriegskasse des Aufrührers

Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro soll Schmuck und Uhren im Millionenwert veruntreut haben

Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro (l.) droht ein Prozess wegen des Verkaufs von Staatsgeschenken. Der argentinische Amtsinhaber Javier Milei (r.) hält zu ihm.
Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro (l.) droht ein Prozess wegen des Verkaufs von Staatsgeschenken. Der argentinische Amtsinhaber Javier Milei (r.) hält zu ihm.

»Der Staat, das bin ich.« Der Devise des französischen »Sonnenkönigs« scheint auch der rechtsextreme Politiker Jair Bolsonaro gefolgt zu sein, als er während seiner von 2019 bis 2022 währenden Amtszeit als Präsident Brasiliens wertvolle offizielle Geschenke von Staatsgästen einsackte.

Nach monatelangen Ermittlungen der Bundespolizei leitete der Richter am Obersten Gericht Alexandre de Moraes am Montag einen 476-seitigen Bericht zum Verschwinden von kostbaren Uhren und Diamantschmuck an die Generalstaatsanwaltschaft weiter. Bolsonaro und dessen Gefolge werden verdächtigt, Wertsachen nicht wie vorgeschrieben deklariert, sondern versteckt und zur persönlichen Bereicherung im Ausland verkauft zu haben. Im Mittelpunkt stehen Geschenke, die eine Delegation des Bergbauministeriums bei einem Besuch in Saudi-Arabien im Oktober 2021 erhalten hatte.

Die Generalstaatsanwaltschaft muss nun innerhalb einer Frist von zwei Wochen entscheiden, ob der Fall vor Gericht kommt, ob zunächst weitere Beweise verlangt oder die Ermittlungen gegen den Ex-Staatschef eingestellt werden. Nach Letzterem sieht es nicht aus, und Bolsonaro droht im Fall einer Verurteilung eine langjährige Haftstrafe. Neben ihm wurde gegen elf weitere Personen Anklage wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und unrechtmäßiger Aneignung öffentlichen Besitzes erhoben. Die Höhe des Schadens beziffert die Bundespolizei auf umgerechnet mehr als 1,1 Millionen Euro.

Bolsonaro und sein Clan verbreiten über die sozialen Netzwerke, dass unter den linken Vorgängerregierungen weitaus mehr offizielle Geschenke nicht dem öffentlichen Vermögen zugeführt worden seien, und sehen sich als Opfer von Verleumdungen. Am Sonntag versicherte Argentiniens Präsident Javier Milei seinem »verfolgten politischen Freund« bei einem gemeinsamen Auftritt im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina seine Solidarität.

Es war Mileis erste Reise ins Nachbarland seit seinem Amtsantritt im vergangenen Dezember. Ein Treffen mit seinem linksgerichteten Amtskollegen Lula da Silva stand nicht auf dem Programm. Milei war prominenter Gastredner auf dem diesjährigen Kongress CPAC Brasil, einem Ableger des 1973 in den USA gegründeten ultrakonservativen Netzwerkes in Politik und Medien. Dessen Geschichte ist mit den republikanischen US-Präsidenten von Ronald Reagan bis Donald Trump verknüpft. Das Trump-Lager und die Bolsonaro-Familie pflegen intensive Kontakte. In der jüngeren Zeit nutzten auch Ungarns Premier Viktor Orbán, die italienische Faschistin Giorgia Meloni und der britische Rechtsaußen Nigel Farage CPAC als Podium.

Neben dem Schmuck-Skandal hat Bolsonaro ein Verfahren als Anstifter des Putschversuches vom Januar 2023 am Hals, als seine Anhänger nach Lulas Amtsantritt den Kongress und weitere Regierungsgebäude in Brasília gestürmt und verwüstet hatten. Wie Donald Trump beim Washingtoner Kapitol-Sturm zwei Jahre zuvor hatte auch Bolsonaro seine Wahlniederlage geleugnet.

Im März 2023 hatte Brasiliens Rechnungshof vom Ex-Präsidenten eine Rückgabe der einbehaltenen Wertsachen gefordert. Laut Polizeiakten wurden daraufhin Helfer von Bolsonaro eilig aktiv, um einen Teil der saudischen Juwelen zurückzuholen, die in den USA auf Käufer warteten. Andere Teile des Schatzes sollen bei Vertrauten in Miami gelagert worden sein. Am 30. Dezember 2022 hatte sich Bolsonaro vorübergehend in den US-Bundesstaat Florida abgesetzt.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.