Berlin: »Anmeldung not possible«

Giffeys Begrüßungsgeld besticht durch Weltfremdheit, meint Patrick Volknant

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 2 Min.
1989 freuten sich viele DDR-Bürger über ein Begrüßungsgeld in West-Berlin – Franzsika Giffey will das Konzept wiederbeleben
1989 freuten sich viele DDR-Bürger über ein Begrüßungsgeld in West-Berlin – Franzsika Giffey will das Konzept wiederbeleben

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ist in Geberlaune: 100 Euro »Begrüßungsgeld« sollen Berliner*innen dazu motivieren, sich beim Einwohnermeldeamt zu registrieren. Schließlich würden dem Land pro nicht erfolgter Anmeldung 3000 Euro Finanzmittelzuweisungen vom Bund durch die Lappen gehen.

Dass in der Hauptstadt deutlich mehr Menschen leben als behördlich erfasst, ist offensichtlich. Merkwürdig, bietet die Wohnsitzanmeldung doch allerlei Vorteile, vom Bibliotheksausweis bis hin zum Zugang zu Sozialhilfe. Des Rätsels Lösung kennt jeder Normalsterbliche, der einmal versucht hat, mit geringem Einkommen neu nach Berlin zu ziehen. Die Suche nach einer festen Wohnung kann überhaupt erst beginnen, wer es vorher schon irgendwie in die Stadt geschafft hat. Auf welchem Weg auch immer.

Die Geschichten sind die immer gleichen: Untergekommen in der möblierten Wohnung eines Bekannten, der längst woanders lebt und den Glücksgriff von Mietwohnung nicht aufgeben will. Eingenistet im Zimmer eines WG-Mitglieds, das in zwei Monaten von seinem Auslandsabenteuer zurückkehren wird. Oder nach Bitten und Betteln für ein paar Wochen auf die Couch gelassen, bis sich etwas Richtiges findet. Eine Wohnsitzanmeldung gehört so gut wie nie zum Skript – nicht aus Faulheit, sondern wegen drohenden Ärgers mit dem Vermieter.

»Anmeldung not possible«, ein Spruch bekannt aus WG-Portalen, ist im Social-Media-Kosmos längst zum Meme aufgestiegen. Der Witz wird erst dann alt, wenn Giffey und Co. die Ursachen des Mietenwahnsinns bekämpfen. Eine Anmeldeprämie, so gerne man sie auch einstecken würde, hilft da erst mal nichts.

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