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Neubau-Ziel verfehlt: Weniger landeseigene Wohnungen in Berlin

Der schwarz-rote Senat registriert sinkende Neubau-Zahlen bei den Landeseigenen – und wird für falsche Prioritäten kritisiert

Falscher Fokus? Berlins Senat betreibt viel Aufwand, um die Randbebauung des Tempelhofer Feldes voranzutreiben.
Falscher Fokus? Berlins Senat betreibt viel Aufwand, um die Randbebauung des Tempelhofer Feldes voranzutreiben.

Daran, dass sie für die Arbeit der städtischen Wohnungsbaugesellschaften große Wertschätzung übrig hat, lässt Berlins Senatsbaudirektorin keinen Zweifel. Gehe es darum, neue Wohnungen in der Hauptstadt zu bauen, dann seien die Landeseigenen »der Fels in der Brandung«, sagte Petra Kahlfeldt nach der Senatssitzung am Dienstag. Die Gesellschaften handelten nicht nur im Interesse des Landes, sondern auch im Interesse der Mieter*innen mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Der aktuelle Bericht zur Wohnraumschaffung durch die sechs Landeseigenen, den Bausenator Christian Gaebler (SPD) nun vorgelegt hat, aber zeigt: Bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist der Neubau im Jahr 2023 deutlich zurückgegangen. Insgesamt 4348 Wohnungen konnten demnach im vergangenen Jahr fertiggestellt werden, modulare Unterkünfte für Geflüchtete und Wohnraum für Studierende ausgenommen. Für das Jahr 2022 hatte der Senat noch 5969 neue Wohnungen vermelden können.

In beiden Jahren bleiben die Zahlen damit hinter der eigentlichen Zielsetzung des schwarz-roten Senats zurück. CDU und SPD hatten ursprünglich erklärt, 6500 Neubauten pro Jahr durch die Landeseigenen anzustreben. Wahr ist aber auch: Noch zwischen 2017 und 2021 wurden im Schnitt weniger als 4000 neue Wohnungen der Landeseigenen registriert.

»Man ist bei solchen, zumindest mittelfristigen Vorhaben immer ganz gut beraten, Zeiträume anzuschauen«, erklärt Baudirektorin Kahlfeldt. Von Anfang 2021 bis Ende 2023 sei es dem Senat gelungen, 125 Bauprojekte mit rund 14 000 Neubauwohnungen zu beginnen. 28 weitere Projekte mit 5100 Neubauwohnungen sollen 2024 folgen.

Zudem planen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften laut Senat mit einem Zuwachs von insgesamt 25 516 Wohnungen im Zeitraum 2022 bis 2026 – 5439 mehr als noch in der vorangegangenen Legislaturperiode unter Rot-Grün-Rot. »Und da sprechen wir noch nicht von denen, die noch hinzugekauft werden«, sagt Kahlfeldt. Man habe bereits einige »gute Geschäfte« für den Erwerb weiterer Wohnungen aufsetzen können.

Im aktuellen Bericht für 2023 muss die Senatsbauverwaltung allerdings auch im Ankauf einen massiven Rückgang im Vergleich zum Vorjahr vermelden: Während 2022 noch 11 644 Wohnungen in den Besitz der Landeseigenen wechselten, wurden 2023 lediglich 512 Bestandswohnungen erworben.

Nichtsdestotrotz zeigt sich die SPD-Abgeordnete Sevim Aydin im Anschluss an die Senatssitzung insgesamt zufrieden. »Ich begrüße es sehr, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen mit dem Neubau von Wohnungen vorankommen«, lässt sich die Mietenpolitikerin in einer Mitteilung zitieren. »Sie sind aufgrund ihres sozialen Versorgungsauftrages Garant für bezahlbares Wohnen.«

In der Opposition stößt Aydin damit auf Unverständnis. »Der Senat versucht, sinkende Zahlen als Erfolg zu verkaufen«, sagt Mietenpolitiker Julian Schwarze (Grüne) zu »nd«. Schwarz-Rot müsse eigentlich in den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau investieren, setze stattdessen aber die falschen Prioritäten.

»Wir haben viele Quartiere in der Stadt, in denen man alles an Neubau setzen sollte«, führt Schwarz aus. Als Beispiele nennt er das ins Stocken geratene Projekt »Neue Mitte Tempelhof« sowie das Schumacher-Quartier. »Doch der Senat gibt lieber über drei Millionen Euro für eine Scheinbeteiligung in Sachen Tempelhofer Feld aus.« Dabei werde dort in den kommenden 10 bis 20 Jahren keine einzige Wohnung neu entstehen.

Selbst die im Schnitt insgesamt höheren Neubauzahlen unter Schwarz-Rot im Vergleich zum Vorgängersenat sieht Schwarze als Verdienst rot-grün-roter Politik. Es sei die Planungsarbeit aus den vergangenen Legislaturperioden, die jetzt ihre Wirkung zeige: »Wenn die Neubauzahlen jetzt steigen, dann zeigt das nur, dass Rot-Grün-Rot auf dem richtigen Weg war.«

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