• Berlin
  • Landtagswahl Brandenburg

Volksinitiative zieht vors Verfassungsgericht

Freie Wähler klagen für ihr Anliegen, Krankenhäuser und Arztpraxen zu retten

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.
Setzt Volksinitiativen im Wahlkampf ein: Péter Vida redet in einer Landtagssitzung.
Setzt Volksinitiativen im Wahlkampf ein: Péter Vida redet in einer Landtagssitzung.

Bewegung auf den letzten Metern. Wenige Wochen vor der Landtagswahl am 22. September wollen die Freien Wähler am Freitag Klage beim brandenburgischen Verfassungsgericht einreichen. Das haben sie am Montagabend angekündigt. Es geht um ihre Volksinitiative gegen die drohende Schließung von Krankenhäusern und Arztpraxen.

Im Hauptausschuss des Landtags hatte die Koalition aus SPD, CDU und Grünen das Anliegen der Freien Wähler am 17. Juni aus rechtlichen Gründen zurückgewiesen. Zu einer Behandlung des Themas Ende Juni in der letzten regulären Landtagssitzung vor der Wahl war es somit nicht mehr gekommen.

Unter dem Motto »Gesundheit ist keine Ware: Krankenhäuser und Praxen
retten!« hatten die Freien Wähler mehr als 26 000 Unterschriften gesammelt. Nur mindestens 20 000 gültige Unterschriften hätten sie gebraucht. Mit ihrem Eintrag in die Listen sprachen sich die Unterstützer dafür aus, alle Krankenhausstandorte zu erhalten, die Zuschüsse des Landes für Investitionen zu erhöhen und die Ansiedlung von Ärzten zu fördern. Des Weiteren soll das Landärztestipendium ausgeweitet, die Kosten für die Ausbildung zur Praxisschwester sollen übernommen werden.

»Andere schreiben sich den Erhalt der Krankenhäuser auf ihre Plakate, obwohl sie im Landtag die Volksinitiative dazu abgelehnt haben.«

Péter Vida Freie Wähler

»Wir können nicht etwas, was rechtlich unzulässig ist, beschließen«, rechtfertigte SPD-Fraktionschef Daniel Keller das Nein der Koalition im Hauptausschuss. Damit finden sich die Freien Wähler jedoch nicht ab. Ihr Spitzenkandidat und Landesvorsitzender Péter Vida sagte: »Es scheint die Machtpolitik wichtiger zu sein als die Belange der Bürger.«

Die Koalitionsfraktionen verwiesen auf ein Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes. Darin heißt es, die Volksinitiative verstoße gegen das Kopplungsverbot, indem sie vier verschiedene Forderungen zusammenfasse. Sie verstoße auch gegen den Grundsatz der Bestimmtheit, da wesentliche Voraussetzungen, Inhalte, Verteilmaßstäbe und finanzielle Auswirkungen nicht klar dargelegt würden.

Auf ihrer Zentralversammlung am 21. Juli, einer Art Parteitag, haben die Freien Wähler einstimmig beschlossen, rechtliche Schritte einzuleiten. »Es ist inakzeptabel, dass eine so stark unterstützte Volksinitiative von den regierenden Parteien im Landtag unter Vorwänden abgelehnt wurde«, erklärte Vida. »Wir sehen es als unsere Pflicht an, den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen und die verfassungsrechtlichen Grundlagen ihrer Mitwirkung zu wahren. Deshalb ziehen wir nun vor das Landesverfassungsgericht.« Weiter sagte Vida: »Andere schreiben sich den Erhalt der Krankenhäuser auf ihre Plakate, obwohl sie im Landtag die Volksinitiative dazu abgelehnt haben.«

Die oppositionelle Linke ist ebenfalls für den Erhalt aller 54 Krankenhausstandorte in Brandenburg, hegte aber auch rechtliche Bedenken. Dem Abgeordneten Thomas Domres (Linke) zufolge ist es an der Zeit, die gesetzlichen Bestimmungen für Volksinitiativen so zu überarbeiten, dass diese nicht mehr mit dem Hinweis auf das Kopplungsverbot gestoppt werden können. Mitunter seien wichtige Fragen eben komplex und nicht in ein einfaches Ja-Nein-Schema zu pressen. Es müsse möglich sein, verschiedene Fragen in einer Volksinitiative zu bündeln, wenn sie sachlich zusammengehören, meinte Domres.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.