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Inhumane Zeitenwende
Martin Ling über den Welttag der humanitären Hilfe
Deutschland ist Weltmeister: Kein anderes Land hat seit 2022 mehr Abstriche bei Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe gemacht als die drittgrößte Volkswirtschaft auf dem Globus. Bundeskanzler Scholz hat mit seiner Ampel-Regierung die von ihm nach Beginn des russischen Aggressionskrieges verkündete Zeitenwende mit Leben gefüllt: »Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.« Das gilt für die Mittel, die in die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe fließen allemal.
Es gibt mehr Bedarf an humanitärer Hilfe denn je – es wird geknausert wie nie. 700 Millionen Menschen leben weltweit in extremer Armut, 300 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen und über 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht, vermeldet Venro, der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe. Und die Bundesregierung? Sie kürzt die humanitäre Hilfe zum dritten Mal in Folge – seit 2022 um 67 Prozent und damit zwei Milliarden Euro. Obendrauf soll der Etat des Entwicklungsministeriums das dritte Jahr in Folge um knapp eine Milliarde Euro sinken. Es ist eine Zeitenwende der Verantwortungslosigkeit. Denn die Kürzungen von heute sind die Krisen von morgen.
Dass 2023 das »tödlichste Jahr« für die weltweite humanitäre Gemeinschaft war, wie es in einer zum Welttag der humanitären Hilfe vom UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten veröffentlichten Erklärung hieß, dafür trägt die Bundesregierung keine direkte Verantwortung. Doch dass 2024 das Jahr mit dem niedrigsten Prozentsatz an hilfebedürftigen Menschen ist, die von UN-Hilfsprogrammen erreicht werden – jemals –, dafür trägt die Bundesregierung viel Verantwortung. Ihre Zeitenwende ist inhuman.
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