Berlin: Kolonialherr Carl Peters verschwindet aus Straßenbild

Die nach dem Kolonialisten Carl Peters benannte Petersallee heißt nun Anna-Mungunda-Allee

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit 1939 trug die Petersallee ihren von einer düsteren Kolonialvergangenheit überschatteten Namen.
Seit 1939 trug die Petersallee ihren von einer düsteren Kolonialvergangenheit überschatteten Namen.

Darauf hat Sururu Mboro lange gewartet. Der Aktivist des Vereins Berlin Postkolonial kämpft seit Jahren für die Umbenennung derjenigen Straßen in Berlin-Wedding, die nach deutschen Kolonisten benannt sind. Am vergangenen Freitag konnte er nun einen großen Erfolg feiern: Die Petersallee wurde umbenannt. Sie heißt nun von der Müllerstrasse bis zum Manga-Bell-Platz Anna-Mungunda-Allee. Auf dem Abschnitt vom Manga-Bell-Platz bis zur Windhuker Straße trägt sie den Namen Maji-Maji-Allee. »Berlin-Mitte entehrt Carl Peters«, heißt es in einer Pressemeldung von Berlin Postkolonial. Der Verein setzt sich kritisch mit Berlins Kolonialgeschichte auseinander und bemüht sich um die Offenlegung kolonialrassistischer Denk- und Gesellschaftsstrukturen vor Ort.

Dass die Straße so lange den Namen Carl Peters trug, ist schon deshalb ein Skandal, weil er als einer der besonders brutalen Kolonialisten bekannt war. Peters »begründete« 1884 die Kolonie »Deutsch-Ostafrika« auf dem Gebiet des heutigen Tansania mit Terror und Zwang. Schon damals war er als »Hänge-Peters« und »Blutige Hand« berüchtigt. 1897 wurde Peters wegen der grausamen Behandlung der Zivilbevölkerung in der deutschen Kolonie seines Amtes enthoben. Selbst manche Befürworter*innen des Kolonialismus sahen subtilere Methoden des Zwangs als erfolgreicher für ihre Zwecke an als den offenen Terror eines Carl Peters.

Doch Peters hatte seine Unterstützter*innen unter Monarchist*innen und später unter den Nazis. So wurde er bereits 1914 von Kaiser Wilhelm II wieder rehabilitiert. Die Nazis glorifizierten Peters wegen seiner Terrormethoden. Sie waren es auch, die 1939 die Allee im Wedding nach ihm benannten. So ist am Freitag auch ein Straßenname gestrichen worden, der von den Nazis aus ideologischen Gründen bestimmt wurde.

»Es hat zu lange gedauert.«

Sururu Mboro Berlin Postkolonial

Dort, wo einst der Name des brutalen deutschen Kolonisten stand, wird nun an Personen und Gruppen aus dem antikolonialen Widerstand in Afrika erinnert. Anna Mungunda war eine Aktivistin der namibischen Unabhängigkeitsbewegung, die sich gegen die Besetzung der ehemaligen deutschen Kolonie durch das südafrikanische Apartheidregime wehrte. Sie wurde im Alter von 27 Jahre von der südafrikanischen Polizei ermordet.

Der andere Teil der Straße erinnert an den Maji-Maji-Aufstand gegen das deutsche Kolonialregime in den Jahren 1905 bis 1907. Auch der Tag der Umbenennung war nicht zufällig gewählt: der 23. August ist der Internationale Tag der Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung. Er wurde von der Unesco ausgerufen und wird seit 1998 begangen.

Für Sururu Mboro, der sich seit 40 Jahren für die Umbenennung der nach Kolonialisten benannten Straßen einsetzt, ist es der Tag ein Triumph. Doch ganz freuen kann er sich nicht. »Es hat zu lange gedauert«, sagt er gegenüber »nd«. Besonders bitter sei gewesen, dass die Petersallee nicht schon im vergangenen Dezember umbenannt wurde. Am 2. Dezember 2023 verschwanden bereits zwei Kolonialistennamen aus dem Weddinger Straßenbild. Die Petersallee wurde da aber noch nicht umbenannt, weil es einen Kläger gab, der gegen die Umbenennung juristisch vorging. Erst als dieser durch alle Instanzen gescheitert war, konnte die Umbenennung nun vollzogen werden.

Etwa 200 Menschen, darunter viele Schwarze Deutsche, beteiligten sich am fröhlichen Umzug durch das ehemalige Kolonialistenviertel im nördlichen Wedding, das mit den neuen Straßennamen zum afrikanischen Viertel wird, wie es fälschlich schon lange genannt wird. Der Tag endet mit einem Fest auf dem Manja-Bell-Platz, das bis in den Abend andauerte.

Dennoch geht der Kampf um die Dekolonisierung der Berliner Straßennamen weiter. So konnte die Umbenennung der »Mohrenstraße« und des gleichnamigen U-Bahnhofs in Berlin-Mitte in Anton-Wilhelm-Amo-Straße nicht erfolgen, weil der ehemalige linke Aktivist Götz Aly dagegen klagt. Mit Amo würde in Berlin an den der ersten deutsch-afrikanischen Akademiker erinnert werden.

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