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Payday: Moneten für Arbeitskämpfe

Payday, ein Solidaritätsfonds gegen Lohnraub, hat zwei erste Unterstützungsfälle angenommen

Nicht nur Peanuts: Nach den ersten Ausgaben fasst der Solidaritätsfonds von Payday noch 8000 Euro.
Nicht nur Peanuts: Nach den ersten Ausgaben fasst der Solidaritätsfonds von Payday noch 8000 Euro.

Wer sich an seinem Arbeitsplatz organisiert, einen Betriebsrat gründen oder eine gewerkschaftliche Betriebsgruppe bekannt machen will, wird vom Chef selten dafür umarmt. Vielmehr verbreitet sich zunehmend eine Kultur und eine Expertise, erste Organisierungsversuche im Keim zu ersticken. Diese Kultur hat in den Betrieben den Effekt, dass Beschäftigte sich zweimal überlegen, ob sie es riskieren und tatsächlich auf der Arbeit aktiv werden wollen. Arbeitgeber und ihre Gehilfen greifen dabei auf einen dicken Methodenkatalog zurück.

Ein Mittel ist, den Beschäftigten, den Lohn teilweise oder in Gänze vorzuenthalten, sprich Lohnraub. Das ist natürlich illegal, wird aber dennoch genutzt, in der Erwartung, dass sich Beschäftigte nicht oder nicht erfolgreich wehren.

Um dem Lohnraub seine abschreckende Wirkung zu nehmen, gründete sich der Verein Payday. Payday richtete einen Fonds ein, der aktiven Beschäftigten die unrechtmäßig vorenthaltenen Löhne so lange ausgleicht, bis sie erfolgreich zurückerstritten wurden. Dann soll das Geld in den Fonds zurückfließen und für neue Kämpfe ausgegeben werden. Wie Payday mitteilt, sind für die ersten zwei Unterstützungsfälle nun Gelder geflossen.

In einem Fall wurde nicht ausbezahlter Lohn in Höhe von 2000 Euro ausgeglichen, »um der Person zu ermöglichen, den Lohn einzuklagen und gleichzeitig bei dem Arbeitgeber zu bleiben, ohne sich einen neuen Job suchen zu müssen«, wie Payday mitteilt. Es geht um ein Ersatzmitglied eines Betriebsrats, dessen für Betriebsratsarbeit genutzte Arbeitszeit nicht vollständig vergütet wurde. Die Person interpretierte dies als einen Angriff auf den Betriebsrat als solchen.

»Arbeitgeber enthalten den aktiven Beschäftigten, die sich für die Interessen anderer einsetzen, den Lohn vor, um sie auch wirtschaftlich zu zermürben.«

Sebastian Riesner
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG)

»Da die Person, die wir unterstützen, vom Arbeitgeber stark unter Beschuss steht, können wir aktuell nicht mehr Details preisgeben«, sagt Ruth Kreuzer gegenüber »nd«. Kreuzer ist selbst Betriebsratsmitglied und hat Payday vor mehr als eineinhalb Jahren mitgegründet. Für diesen Fall sei aber ein Gerichtstermin anberaumt, und der Rechtsanwalt, der das Betriebsratsmitglied vertritt, zeige sich mit Blick auf den Ausgang zuversichtlich.

Payday gleicht lediglich die Lohndifferenz aus, etwaige Rechtskosten übernimmt der Verein nicht. »Bei finanziellen Engpässen weisen wir auf die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe hin, streben aber im besten Fall eine Gewerkschaftsmitgliedschaft für die Betroffenen an, sodass die Gewerkschaften die Arbeitskonflikte als Härtefälle anerkennen und die Rechtskosten übernehmen«, sagt Kreuzer.

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Sebastian Riesner, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) in Berlin und Brandenburg, begrüßt die Initiative von Payday. »Leider machen wir als Gewerkschaft auch im Rahmen unserer Arbeit immer wieder die Erfahrung, dass Arbeitgeber den aktiven Beschäftigten, die sich für die Interessen anderer einsetzen, um zum Beispiel einen Betriebsrat zu gründen, Lohn vorenthalten, um sie auch wirtschaftlich zu zermürben«, sagt Riesner. Der lange Rechtsweg werde von »skrupellosen Arbeitgebern und ihren juristischen Helfern« ausgenutzt. Payday schließe hier eine Lücke, aus der sich, so Riesner, hoffentlich erfolgreiche Arbeitskämpfe ergeben.

Der zweite Unterstützungsfall betrifft einen ehemaligen Kurier des Pizza-Lieferdienstes Domino’s. Den Fall hatte »nd« bereits im Mai bekannt gemacht. Allerdings wurde dem Kurier, nachdem er auf Missstände im Betrieb aufmerksam gemacht hatte, nicht nur Geld in Höhe von 4000 Euro nicht gezahlt, sondern am Ende auch gekündigt. Auf die Arbeitsbedingungen bei Domino’s kann er also nicht mehr einwirken. Doch zumindest die Abwendung des Lohnraubs ist noch drin – ein Teilerfolg. Verhandelt wird darüber am 10. September um 11.45 Uhr vor dem Arbeitsgericht Berlin.

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