Corona traf EU teilweise unvorbereitet

Der Europäische Rechnungshof legt eine kritische Bilanz des Handelns europäischer medizinischer Agenturen vor

  • dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte 2021 eine europaweite Debatte über eine Impfpflicht gegen das Coronavirus.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte 2021 eine europaweite Debatte über eine Impfpflicht gegen das Coronavirus.

Brüssel. Beim Ausbruch des Coronavirus in Europa waren die zuständigen medizinischen Agenturen der EU nicht ausreichend auf eine anhaltende Pandemie vorbereitet. Das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hatte den Ernst der Lage zunächst unterschätzt, wie aus einem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes (EuRH) hervorgeht. Das ECDC, das für die Erkennung und Bewertung von Gesundheitsbedrohungen zuständig ist, hatte noch am 9. Januar 2020 eine Einschätzung veröffentlicht, wonach eine Einschleppung des Virus in die EU für nicht sehr wahrscheinlich gehalten wurde. Rund zwei Wochen später gab es die ersten bestätigten Fälle in der EU. Das ECDC habe zudem erst am 12. März eingeräumt, dass unverzüglich Maßnahmen nötig seien, drei Tage nachdem Italien bereits einen nationalen Lockdown verhängt hatte.

Risikobewertungen, Leitlinien und für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen seien mitunter zu spät herausgegeben worden, urteilt der Rechnungshof in seinem Bericht. Die Arbeit des Zentrums sei außerdem durch eine fehlende EU-weite Teststrategie und einen fehlenden Ansatz für die Zuordnung von coronabedingten Todesfällen erschwert worden. Daraus folgte den Angaben zufolge eine geringe Qualität der Daten. Zuverlässigere Methoden wie Analysen der Viruskonzentrationen im Abwasser hätten häufiger eingesetzt werden können, betonen die Prüfer.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), die für die Zulassung neuer Arzneimittel zuständig ist, reagierte laut Angaben des Rechnungshofs im Allgemeinen zwar gut auf die Pandemie, versäumte aber, klinische Versuche in der EU zu fördern. »Wie viele andere Einrichtungen auch wurden die medizinischen Agenturen der EU von der Wucht der sich rasch ausbreitenden Corona-Pandemie überrascht«, sagt João Leão vom Europäischen Rechnungshof. Zwar hätten das ECDC und die EMA die Situation letztlich gut bewältigt, doch habe die Pandemie die bestehenden Mängel und Lücken sichtbar gemacht. Beide Einrichtungen bräuchten einen »Booster«.

Einige der seitdem ergriffenen Maßnahmen, wie etwa neue Arzneimittelvorschriften, begrüßt der Rechnungshof. Die Schaffung einer dritten medizinischen Agentur habe den organisatorischen Rahmen mit sich überschneidenden Zuständigkeiten aber noch komplexer gemacht. 2021 war die Europäische Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen eingerichtet worden. Zuständigkeiten überschnitten sich teilweise mit denen des ECDC. Die Prüfer fordern daher zur Vermeidung von Doppelungen eine enge Zusammenarbeit. dpa/nd

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