- Politik
- Kanzlerkandidat der Union
Der Merz kommt früher als gedacht
Nach Wüst verzichtet auch Söder auf Kanzlerkandidatur
Mantraartig hieß es in den vergangenen Monaten aus CDU und CSU, wer Kanzlerkandidat wird, darüber spreche man nach den drei Landtagswahlen im September. Jetzt ist die Entscheidung schon vor dem Wahltag in Brandenburg gefallen. Am Ende ging alles ganz schnell.
Den Anfang machte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. Er wurde in letzter Zeit als Gegenmodell zum kantig konservativen Merz gehandelt. Wüst regiert in Düsseldorf mit den Grünen. Am Montagabend dann ein kurzfristig angekündigtes Pressestatement nach der Vorstandssitzung der NRW-CDU. Dort erklärte Wüst, man solle zwar nie nie sagen, aber er stehe nicht für eine Kanzlerkandidatur 2025 zur Verfügung. Es sei wichtig, dass die Union »Geschlossenheit« zeige, damit man die Ampel ablösen könne. Deswegen unterstütze er Friedrich Merz bei seinen Kanzlerambitionen. Merz habe die »Partei wieder geeint und in ruhiges Fahrwasser gebracht«. In Gesprächen mit Merz habe er ein »großes gegenseitiges Verständnis gespürt«, so Wüst in seiner Erklärung.
Der Verzicht des NRW-Ministerpräsidenten kam überraschend und führte offenbar zu Irritationen. Während sich CSU-Politiker noch am selben Abend bemüßigt fühlten zu erklären, dass Wüsts Verzicht auf keinen Fall eine Vorentscheidung in der Kanzlerfrage sei, hatte sich die Frage am Dienstagvormittag entschieden. Friedrich Merz und Markus Söder luden zum gemeinsamen Pressestatement ein.
»Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht’s!«
Markus Söder CSU-Vorsitzender
Um 12 Uhr traten die Chefs von CDU und CSU in der bayerischen Landesvertretung in Berlin vor die Kameras. Immerhin ein kleiner Gewinn für Söder. Merz war bei ihm zu Besuch. Söder hatte dann auch das erste Wort und machte es kurz: »Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht’s!« Dann erklärte der bayerische Ministerpräsident, dass dieser Termin »nicht spontan« zustande gekommen sei, sondern »lang geplant« wurde. Er gebe Merz seine »volle Rückendeckung« und das sei mit »hoher persönlicher Wertschätzung« verbunden. Ein wenig betont Söder dann noch die eigene Wichtigkeit, erklärt, wie wichtig der Austausch zwischen den Vorsitzenden von CDU und CSU sei, die den Weg vorgeben würden. Auch einen Seitenhieb in die Richtung von Hendrik Wüst kann sich Söder nicht verkneifen: »Es gibt viele Ministerpräsidenten, aber nur zwei Parteivorsitzende.«
Als Friedrich Merz dann dran ist, bedankt er sich artig und betont, dass er sich sicher ist, dass es diesmal keinen internen Streit wie bei der Kanzlerkandidatur von Armin Laschet 2021 geben werde. Söder hatte vorher betont, dass Merz CDU und CSU in der »zentralsten Frage« – der Migrationsfrage – geeint habe, er habe »Wunden« geheilt, die es seit 2015 gegeben habe. Nun könne er »Deutschland wieder in Ordnung bringen«. Merz greift das auf, sagt, er habe den »Kurs neu bestimmt«. Migration bleibe ein wichtiges Thema, das er schnell »lösen« wolle. Er sei da bereit zur Zusammenarbeit mit der Ampel, aber er mache keine »halben Wege«. Während Merz sich offen für Kooperationen mit der Ampel gibt, fährt Markus Söder Attacken. Die Bundestagswahl 2025 sei vielleicht die letzte Möglichkeit, den »Ampel-Schaden zu reparieren«.
Friedrich Merz betont, dass sich sein Wahlkampf um die Wirtschaftspolitik drehen soll. Das passt zu Merz. In seiner jahrelangen Politikpause war er unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender des Vermögensverwalters »Black Rock«. Auf der Bühne mit Söder äußert er dann seine Sorge über die ständigen Meldungen über kriselnde Konzerne. Diese Nachrichten seien »erschreckend«. Er wolle die Rahmenbedingungen für alle verbessern, statt einzelne zu subventionieren, das sei soziale Marktwirtschaft. Seine Ansage: »Wir sind aufgestellt. CDU und CSU können ab sofort in einen Bundestagswahlkampf gehen.«
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Während die Störfeuer aus Bayern bei den Konservativen vorbei sein sollen, gibt es bei der SPD nun eine weitere relativ prominente Stimme gegen Bundeskanzler Olaf Scholz. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärte gegenüber dem »Tagesspiegel«, dass Deutschlands beliebtester Politiker »natürlich« als Kanzlerkandidat in Frage komme. »Wenn jemand wie Boris Pistorius ein solches Ansehen hat, muss die SPD auch darüber nachdenken, ob er die beste Wahl für die Kanzlerkandidatur ist oder ob man mit dem amtierenden Bundeskanzler ins Rennen geht.« Einschränkend erklärte Reiter allerdings, dass Scholz am Ende selbst entscheiden müsse. Reiter gehört zu einer wachsenden Zahl von Sozialdemokrat*innen, die offen daran zweifeln, dass man mit Scholz die Bundestagswahl im kommenden Jahr gewinnen kann. Manche in der SPD erhoffen sich von einem Wechsel an der Spitze einen ähnlichen Effekt wie vor einigen Wochen bei Kamala Harris im US-Wahlkampf.
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