Sachsen will Kindergärtnerinnen halten

Koalition greift Linke-Vorstoß eines »Kita-Moratoriums« auf, aber Kommunen stellen sich quer

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl die Zahl der Kinder in Sachsens Kitas sinkt, möchte das Land die gesetzlich vorgeschriebenen Entlassungen von Erzieherinnen vermeiden.
Obwohl die Zahl der Kinder in Sachsens Kitas sinkt, möchte das Land die gesetzlich vorgeschriebenen Entlassungen von Erzieherinnen vermeiden.

Die Zeiten, als Eltern in Sachsen teils nur mit Mühe einen Kita-Platz fanden, sind vorbei. Vielmehr sorgt ein kontinuierlicher Rückgang der Geburtenzahlen im Freistaat dafür, dass es für vorhandene Plätze keine Nachfrage mehr gibt. »Den Kitas auf den Dörfern gehen die Kinder aus«, berichtete eine Zeitung aus Görlitz im Frühjahr. Selbst in der Großstadt Dresden gibt es inzwischen Überkapazitäten. Dort wurden im vergangenen Jahr 4268 Kinder geboren, fünf Jahre zuvor lag die Zahl noch anderthalbmal so hoch. Sachsen insgesamt, wo voriges Jahr 26 200 Geburten gemeldet wurden, nähert sich nach einem Zwischenhoch von 38 000 Kindern im Jahr 2016 wieder den mageren Zahlen der Nachwendezeit.

Eigentlich müsste das dazu führen, dass Kita-Beschäftigte entlassen werden. Im Gesetz ist ein Betreuungsschlüssel festgelegt: Auf eine Betreuungsperson kommen demnach 11,5 Kinder, bundesweit der zweitschlechteste Wert. Auch die Zuschüsse des Landes, das ein Drittel der Betriebskosten für die Kitas trägt, werden nach der Zahl der zu betreuenden Kinder berechnet.

Seit Langem gibt es aber Bestrebungen, einen Stellenabbau zu verhindern und den Rückgang der Kinderzahlen zu nutzen, um die Betreuungsbedingungen zu verbessern. Ein Bündnis, dem die Gewerkschaft GEW, mehrere Wohlfahrtsverbände und der Kinderschutzbund angehören, übergab im Mai einen von 37 000 Menschen unterzeichneten Appell mit dem Titel »Starke Kitas für starke Kinder« an den Kultusminister.

»Wir konnten die Koalition erfolgreich unter Druck setzen.«

Jule Nagel Abgeordnete Die Linke

Nun kommt Bewegung in die Sache. In der letzten Sitzung des bisherigen Landtags an diesem Donnerstag wird über einen Antrag der noch amtierenden Koalition aus CDU, Grünen und SPD abgestimmt, der ein »Kita-Moratorium« vorsieht. Demnach sollen die Zuschüsse des Landes, die zuletzt 920 Millionen Euro im Jahr betrugen, trotz sinkender Kinderzahlen in gleicher Höhe weitergezahlt werden. Zuvor hatte Die Linke einen entsprechenden Antrag eingereicht. Deren Abgeordnete Jule Nagel erklärte, man habe das Regierungsbündnis »erfolgreich unter Druck setzen« können.

Allerdings ist der Vorstoß der Koalition nicht sehr weitreichend. Damit das Personal in den Kitas »bis auf Weiteres gehalten« werden könne, solle der Landeszuschuss »vorerst« auf dem Niveau von 2024 festgeschrieben werden. Konkret soll die Regierung im Wege der »vorläufigen Haushaltsführung« lediglich das Geld für 2025 bereitstellen. Längerfristige Beschlüsse kann der Landtag nicht mehr fassen. Am 1. September war ein neues Parlament gewählt worden, am 1. Oktober konstituiert es sich. In der neuen Zusammensetzung muss es auch den Doppelhaushalt 2025/26 beschließen. Zuvor muss ein Regierungsbündnis gebildet werden, was absehbar viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte.

Die Linke drängt schon auf weitergehende Schritte: Der Zuschuss des Landes für die Kinderbetreuung müsse »mittelfristig erhöht« werden, sagt Nagel. GEW-Landeschef Burkhard Naumann fordert eine Verbesserung des gesetzlichen Betreuungsschlüssels. Den Kommunen allerdings geht bereits der jetzige Schritt zu weit. Für diese sei die Kinderbetreuung eine der kostenintensivsten Aufgaben, sagt Bert Wendsche, Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG). Sie tragen rund 50 Prozent der Kita-Betriebskosten. Wendsche verwies indes auf ein aktuelles Haushaltsdefizit der Kommunen in Höhe von 216 Millionen Euro. Man könne angesichts leerer Kassen nicht einmal den normalen Verwaltungsbetrieb aufrecht halten. »Zusätzliche sozialpolitische Leistungen« seien »schlichtweg nicht finanzierbar«. Das Land indes hat zur Bedingung für ein Moratorium gemacht, dass die Kommunen das rein rechnerisch überzählige Personal »zumindest anteilig weiterbeschäftigen«. Diese stellen sich quer: Sinke die Kinderzahl, so Wendsche, »muss auch die Anzahl der Beschäftigten in den Kitas angepasst werden«.

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