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Brandenburg: Desaster für Die Linke
Partei fliegt aus dem Potsdamer Landtag. Vorsitzende machen maßgeblich Kampagne von SPD-Ministerpräsident Woidke verantwortlich
Für Die Linke markiert das Abschneiden bei der brandenburgischen Landtagswahl einen weiteren Tiefpunkt in einer langen Abwärtsbewegung. Mit drei Prozent und ohne Direktmandat ist die Partei erstmals in einem ostdeutschen Bundesland nicht mehr im Parlament vertreten. Zuvor hatten bereits die Genossinnen und Genossen in Sachsen und Thüringen herbe Verluste hinnehmen müssen. Ins Dresdner Parlament konnte die Partei nur dank zweier Direktmandate wieder einziehen. Auch in Sachsen hatte sie die Fünfprozenthürde verfehlt.
Von einem »Desaster« und einer persönlichen Niederlage sprach der brandenburgische Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Sebastian Walter am Montag auf einer gemeinsamem Pressekonferenz mit den Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan.
Wissler lobte den aufopferungsvollen und engagierten Wahlkampf Walters und der vielen Genossinnen und Genossen, die »Gesicht gezeigt« hätten trotz Bedrohungen von rechts. Schirdewan sprach von »tektonischen Verschiebungen«, die die Parteienlandschaft »massiv durcheinandergewirbelt« hätten. Die »riskante Strategie« von Brandenburgs SPD-Regierungschef Dietmar Woidke, mit Rücktritt zu drohen, sollte seine Partei nicht stärkste Kraft werden, habe »weder den Rechtsruck aufgehalten, noch seine Grundlage beseitigt«. Sie sei nur zulasten demokratischer Parteien wie seiner und der Grünen gegangen.
Das Wahljahr 2024 ist kein beliebiges. Schon lange nicht mehr war die Zukunft der Linken so ungewiss, noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik waren die politische Landschaft und die Wählerschaft so polarisiert, noch nie seit der NS-Zeit war eine rechtsextreme, in Teilen faschistische Partei so nah an der Macht. Wir schauen speziell auf Entwicklungen und Entscheidungen im Osten, die für ganz Deutschland von Bedeutung sind. Alle Texte unter dasnd.de/wahljahrost.
Walter sagte, Die Linke sei insbesondere durch den »Angstwahlkampf« von AfD – die für alle Probleme den Zuzug Geflüchteter verantwortlich macht – wie SPD »zerschreddert« worden. Mit landespolitischen Initiativen insbesondere im sozialpolitischen Bereich habe man »nicht durchdringen« können.
Hätte es nur die Abwerbekampagne des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) gegeben, wäre Die Linke noch problemlos in den Landtag eingezogen, ist der 34-Jährige überzeugt. Er räumte aber ein, dass auch Fehler gemacht wurden. So sei man vielleicht mit dem BSW und seinen Anhängern »zu arrogant« umgegangen. Zudem habe man 17 000 ehemalige Linke-Anhänger an das Nichtwählerlager verloren, was besonders schmerzlich sei, so Walter. An das BSW hat die Partei 44 000 Wähler verloren, an die SPD 25 000 und an die AfD 6000.
Walter will dennoch vorerst auf seinem Posten bleiben. Seinem ersten Impuls, noch am Wahlabend zurückzutreten, ist er nicht gefolgt. Für den Fall, dass Die Linke die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, hatte er sich das eigentlich vorgenommen. Doch dann habe sich das für ihn nicht richtig angefühlt, obwohl es für ihn die einfachere Variante gewesen wäre, sagte er »nd«. Er könne sich »jetzt nicht aus dem Staub machen und alle allein lassen«.
Mit 11,2 Prozent hat Walter in seinem Wahlkreis immerhin die mit Abstand meisten Erststimmen aller Linke-Kandidaten erhalten. Der frühere stellvertretende Landesvorsitzende Martin Günther fordert dennoch Rücktritte: »Nach so einem Ergebnis kann sich die Landesführung nicht rausreden. Das hat sie ganz allein zu verantworten, und sie sollte ihre Stühle räumen.«
Mit 9,3 Prozent hatte Kerstin Kaiser in ihrem Wahlkreis das zweitbeste Ergebnis innerhalb der Linken. Auch damit war sie allerdings weit weg vom erträumten Direktmandat. Das ging an die AfD. Kaiser hatte darauf vertraut, Erststimmen von BSW-Wählern zu erhalten, da die Partei keine Direktkandidaten aufgestellt hatte. Die Stimmen sind dann offensichtlich aber auch deshalb nicht gekommen, weil die Abgeordnete Carola Rackete im EU-Parlament für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gestimmt hatte, wie die »Junge Welt« berichtete. Die Nachricht verbreitete sich am Samstag wie ein Lauffeuer. Kaiser erhielt wütende Anrufe und Nachrichten, dass Die Linke friedenspolitisch Verrat begehe und nun nicht mehr wählbar sei. »Für mich war das nicht absehbar, dass Carola Rackete so entscheiden würde«, beklagt die Linke-Politikerin.
Die drei deutschen Linke-Europaabgeordneten hatten vergangenen Donnerstag drei verschiedene Voten zur EU-Parlamentresolution zur Unterstützung der Ukraine, militärisch wie zivil, abgegeben. Özlem Demirel stimmte dagegen, Rackete dafür und Martin Schirdewan enthielt sich. Der Linke-Ko-Vorsitzende erklärte sein Abstimmungsverhalten gegenüber »nd« mit einer »Güterabwägung« angesichts der unterschiedlichen Punkte in der Resolution. Er unterstütze darin das Bekenntnis zum Völkerrecht, die Verurteilung des russischen Angriffskrieges, die Solidarität mit der Ukraine und ihre Unterstützung beim Wiederaufbau sowie die Beschlagnahme des Eigentums russischer Oligarchen. Bei den Teilabstimmungen zur Resolution habe er aber seine »Kritik am Aufrüstungskurs und an der militärischen Antwort« auf den Ukraine-Konflikt »deutlich gemacht«.
Es müsse gleichwohl in Zukunft darum gehen, die »Spannbreite des kommunizierten Spektrums der linken Positionen« zur Außen- und Sicherheitspolitik zu »reduzieren«, so Schirdewan. Dass ein »einzelner Zeitungsartikel« nennenswerten Anteil an den Verlusten der Linken in Brandenburg habe, glaubt er aber nicht.
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