Trump kurz vor Wahlsieg: USA reiht sich in Welttrend ein

Oliver Kern meint, dass die Demokraten den Gegenwind der Wirtschaftslage zu spüren bekommen

US-Wahl – Trump kurz vor Wahlsieg: USA reiht sich in Welttrend ein

Noch wird gezählt in manchen Bundesstaaten der USA. So war es auch vor vier Jahren, als es vier Tage dauerte, bis Demokrat Joe Biden den damaligen Amtsinhaber Donald Trump noch in genügend umkämpften Bundesstaaten knapp überholte. Nicht mal 50.000 Stimmen in vier solcher Staaten entschieden am Ende über die Präsidentschaft in einem Land, in dem insgesamt 155 Millionen Bürger gewählt hatten. Auch diesmal liegt Donald Trump am Morgen nach der Wahl vorn. Doch es sieht danach aus, als würde er diesmal auch gewinnen, denn schon jetzt ist absehbar: Fast überall im Land hat er ein paar Wähler mehr von sich überzeugen können als vier Jahre zuvor.

Sollte sich diese Entwicklung bestätigen, würde Trump erneut ins Weiße Haus einziehen, und die Demokraten ein zweites Mal mit dem Versuch scheitern, erstmals eine Frau zur Präsidentin zu befördern. Doch die Erklärung, dass die USA dafür zu frauenfeindlich seien, war schon 2016 zu simpel. Vielmehr reihen sie sich in einen Welttrend ein. Amtsinhaber und deren Parteien – egal ob links oder rechts – werden in der Folge tiefer persönlicher und wirtschaftlicher Einschnitte durch Coronakrise und die kriegsbedingte Inflation abgestraft. Wie 2016 rutschen auch in den USA zu viele Menschen aus der Mittelklasse ab, können sich nicht mehr das eigene Haus oder den Studienplatz fürs Kind leisten, weil vor allem für Menschen ohne Hochschulbildung zu wenige gut bezahlte Jobs angeboten werden und die Inflation Lohnanstiege noch immer übertrifft.

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Selbst wenn ein Präsident diese nicht selbst aus dem Boden stampfen kann, vor allem, wenn er in vielem vom Parlament blockiert wird, bleibt festzuhalten: Wenn weniger als 40 Prozent der Wähler mit der Arbeit von Biden zufrieden sind und nicht mal ein Drittel meint, die Entwicklung laufe in die richtige Richtung, muss die sich abzeichnende nur knappe Niederlage seiner Vizepräsidentin Kamala Harris fast noch als Erfolg gewertet werden. Ihre einzige Chance lag in der Unbeliebtheit von Donald Trump. Nur er als verurteilter Straftäter, der von seinen Fans das Kapitol stürmen und von seinen Richtern das Abtreibungsrecht aushöhlen ließ, zudem mehrere äußerst schlechte Wahlkampfauftritte hinlegte, hat das Rennen überhaupt so eng werden lassen.

Die dreimonatige Kandidatur von Harris war taktisch so fehlerfrei, wie sie nur sein konnte. Doch es fehlte wie schon 2016 bei Hillary Clinton an einer ökonomischen Botschaft, warum man für sie und nicht nur einfach gegen Trump stimmen sollte. Das zeigte sich besonders bei den herben Verlusten bei der Minderheit der Latinos. Das Thema Abtreibung allein war dagegen zu wenigen wichtiger als die eigene wirtschaftliche Lage.

Harris ist und bleibt keine wirklich linke Politikerin, das war Biden auch nie. Doch dieser Wahlausgang ist leider auch noch längst kein Beweis dafür, dass weiter links stehende Kandidaten in den USA eine Siegchance hätten. Bernie Sanders hat es zweimal versucht und sich nicht einmal unter den Demokraten durchsetzen können.

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