Ghana: Mr. Stromausfall am Regierungsschalter

In Ghana kehrt Ex-Präsident John Mahama nach acht Jahren in den Präsidentensessel zurück

Hoffnungsfroh: Anhänger des künftigen ghanaischen Präsidenten John Mahama während der Abschlusskundgebung des sozialdemokratischen NDC
Hoffnungsfroh: Anhänger des künftigen ghanaischen Präsidenten John Mahama während der Abschlusskundgebung des sozialdemokratischen NDC

Es ist ein erstaunliches Comeback: John Mahama übernimmt am 7. Januar 2025 wieder die Präsidentschaft in Ghana. Und das, obwohl er seiner ersten regulären Amtszeit 2013 bis 2017 seinen wenig rühmlich Spitznamen verdankt: Mr. Dumsur, Mr. Stromausfall. Zuvor hatte er als Vizepräsident nach dem Tod von Präsident John Atta Mills ab Ende Juli 2012 die Regierungsgeschäfte übernommen. Dass der 66-Jährige nun für den sozialdemokratischen Nationalen Demokratischen Kongress (NDC) nach zwei verlorenen Wahlen gegen Amtsinhaber Nana Akufo-Addo von der liberalen Neuen Patriotischen Partei (NPP), der aus Verfassungsgründen nicht mehr antreten durfte, im dritten Anlauf die Rückkehr an die Staatsspitze schaffte, liegt vor allem daran, dass Ghanas Wirtschaftsprobleme inzwischen weit über Stromausfälle hinausgehen. Und dementsprechend stand die schwächelnde Wirtschaft im Mittelpunkt des Wahlkampfes.

Bawumia ist das Gesicht der Krise

Der Kandidat der Regierungspartei NPP Mahamudu Bawumia wurde als amtierender Vizepräsident zum Gesicht der Wirtschaftspolitik während der gesamten Präsidentschaft von Akufo-Addo. Der Höhepunkt der Wirtschaftskrise, getrieben von den Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges, war der Offenbarungseid: Kurz vor Jahresende 2022 musste das Land die Zahlungen an seine bilateralen Gläubiger einstellen. Mit diesen befindet es sich derzeit in teilweise bereits abgeschlossenen Umschuldungsverhandlungen. Um seitdem überhaupt noch über die Runden zu kommen, musste Ghana Zuflucht beim Geber der letzten Instanz suchen: beim Internationalen Währungsfonds (IWF), mit dem das Land eine unheilvolle Geschichte von schmerzhaften Strukturanpassungen verbindet und mit dem es nichts mehr zu tun haben wollte. Doch nachdem Ghana seine Staatsschulden in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar nicht mehr bedienen konnte, geriet die Wirtschaft ins Trudeln, die Inflation stieg über 50 Prozent und die einheimische Währung Cedi stürzte gegenüber dem Dollar drastisch ab. Der IWF stellte ein Rettungspaket in Höhe von drei Milliarden Dollar zur Verfügung. Als Teil der Rettungsbedingungen führte die Regierung eine Umstrukturierung der Schulden durch, die den lokalen Anleihegläubiger*innen – nicht den internationalen – einen hohen Verzicht auf ihre Forderungen abverlangte, was Proteste der Anleger*innen auslöste. Zwar hat sich die Inflation seither auf etwas über 20 Prozent verlangsamt, doch die Lebenshaltungskosten sind nach wie vor sehr hoch und bereiten vielen Ghanaer*innen Kopfzerbrechen.

Mahamas Formel, um Ghanas Wirtschaft auf Vordermann zu bringen, ist die sogenannte 24-Stunden-Ökonomie. Sie soll ihm zufolge das Potenzial des Landes freisetzen. Gemeint sind längere Arbeitszeiten bis hin zu rund um die Uhr verfügbaren Einrichtungen und Dienstleistungen. »Der Präsident und der Vizepräsident behaupten, zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen zu haben. Ich frage: Wo sind diese Stellen?«, kritisierte Mahama im Wahlkampf die amtierende Regierung. »Wir hingegen werben für eine 24-Stunden-Wirtschaft, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten schafft. Künftig soll von Banken bis zu Märkten alles rund um die Uhr geöffnet haben.« Auch Investitionen in die Infrastruktur hat Mahama versprochen, mit denen er ebenfalls die wirtschaftliche Situation des Landes mit seinen 35 Millionen Menschen verbessern will.

Ghanaer stimmen für einen Wandel

Zwar steht das offizielle Ergebnis der Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Ghana noch aus, doch am klaren Sieg des NDC auf beiden Ebenen besteht kein Zweifel. Auch im 275 Sitze umfassenden Parlament, wo derzeit ein Patt zwischen NDC und NPP mit jeweils 137 Sitzen die Verabschiedung eines neuen Haushalts blockiert, wird es künftig eine klare Mehrheit für den NDC geben. Und Mahamudu Bawumia hat seine Niederlage bereits am Sonntag eingeräumt. »Das ghanaische Volk hat gesprochen und für einen Wandel gestimmt und wir respektieren dies in aller Demut«, erklärte Bawumia vor Journalisten. Der NDC hatte zuvor erklärt, seine internen Ergebnisse zeigten, dass Mahama 56 Prozent der Stimmen gegenüber 41 Prozent für Bawumia erhalten habe. Der Vizepräsident sagte, er akzeptiere die Niederlage vor der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse, »um weitere Spannungen zu vermeiden und den Frieden in unserem Land zu wahren«.

Seit der Rückkehr zur Mehrparteienpolitik in Ghana im Jahr 1992 haben sich die NDC und die NPP an der Macht abgewechselt. Keine Partei hat jemals mehr als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten gewonnen. Dieser Trend wurde 2024 fortgeschrieben.

Den Übergang von der Diktatur zur »Musterdemokratie« eingeleitet hatte Langzeitpräsident Jerry John Rawlings (1981–2001), der umstandslos nach zwei demokratischen Amtsperioden verfassungsgemäß abtrat und an John Agyekum Kufuor übergab.

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