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Doch keine neue »Krankheit X« in Zentralafrika
Erste Hinweise sprechen für bekannte Atemwegsinfekte und für Malaria – deren Fälle nehmen weltweit wieder zu
Über Wochen gab eine mysteriöse Krankheit in Zentralafrika Gesundheitsexperten Rätsel auf. Nun aber gibt es Hinweise darauf, dass es sich um Malaria handeln könnte. In zehn von zwölf medizinischen Proben von Patienten sei der Erreger nachgewiesen worden, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Woche in Genf mit. Die Zahl der Infektionen sei nach ersten Erkenntnissen anders als häufig bei neuen Krankheiten nicht in kurzer Zeit exponentiell gestiegen und liege im Bereich der Erwartungen für die Jahreszeit, sagte WHO-Spezialist Abdi Rahman Mahamad.
In der Region Panzi, einer ländlichen Gegend im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo, wurde erstmals Ende Oktober von Patienten berichtet, die über Fieber, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen, Atembeschwerden sowie vereinzelt über Blutarmut klagten. Erst einen Monat später, nachdem Helfer zuvor unzugängliche Dörfer erreicht hatten, gab das Gesundheitsministerium eine Warnung angesichts einer erhöhten Anzahl von Todesfällen heraus und sprach von einer nicht diagnostizierten »Krankheit X«. Die WHO bezifferte die Zahl der nachweislich Infizierten zuletzt auf mindestens 406, von denen 31 gestorben waren. Betroffen seien vor allem Kinder unter fünf Jahren.
Malaria wird durch Mücken übertragen. Hauptsymptome sind Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen. Erst in dieser Woche vermeldete die WHO eine deutliche Zunahme der Fälle dieser Tropenkrankheit. Laut dem Welt-Malaria-Bericht wurden 2023 insgesamt 263 Millionen Krankheitsfälle gemeldet – eine Zunahme um etwa elf Millionen gegenüber dem Jahr davor. 597 000 Todesopfer waren zu beklagen, 95 Prozent von ihnen in Afrika, wo laut WHO »viele gefährdete Menschen immer noch keinen Zugang zu den Diensten haben, die sie zur Prävention, Erkennung und Behandlung der Krankheit benötigen«. Besonders betroffen seien kleine Kinder und schwangere Frauen.
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Die WHO verweist indes auch auf Erfolge hin: So seien mittlerweile 44 Länder und ein Territorium als malariafrei zertifiziert. 25 der 83 endemischen Länder meldeten weniger als zehn Fälle im ganzen Jahr. »Ein erweitertes Paket lebensrettender Mittel bietet jetzt einen besseren Schutz vor der Krankheit, aber es sind verstärkte Investitionen und Maßnahmen in den afrikanischen Ländern mit hoher Krankheitslast erforderlich, um die Bedrohung einzudämmen«, so WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus bei der Vorstellung des Berichts.
Bisher haben 17 Länder Malaria-Impfstoffe im Rahmen von Routineimpfungen bei Kindern eingeführt. Allerdings sind die bislang zwei von der WHO zugelassenen Vakzine nicht besonders wirksam. Ferner sollen Moskitonetze der neuen Generation einen besseren Schutz bieten als die bisher verfügbaren. Anfang des Jahres verpflichteten sich die Gesundheitsminister von elf afrikanischen Ländern, auf die zwei Drittel der weltweiten Malariabelastung entfallen – darunter die DR Kongo –, in einer gemeinsamen Erklärung, die Krankheitslast nachhaltig und gerecht zu senken sowie die Ursachen besser zu bekämpfen.
Das Problem ist, dass es in abgelegenen Regionen wie Panzi »für die Bevölkerung kaum Zugang zu Gesundheitsversorgung gibt«, sagt der Düsseldorfer Tropenmediziner und Infektiologe Torsten Feldt. Hinzu komme die chronische Unterernährung. Gerade Kinder unter fünf Jahren hätten dann ohne adäquate Behandlung »ein sehr hohes Risiko«, an Erkrankungen wie der Malaria zu versterben.
Feldt warnt mit Blick auf die »Krankheit X« vor vorschnellen Zuschreibungen, da einige der beschriebenen Symptome nicht typisch für Malaria seien. Es könnte sich daher zum Teil auch um andere Infektionserkrankungen wie Masern, Influenza, Lungenentzündungen, vielleicht auch Covid-19 oder Dengue handeln. Die Vermutung eines gehäuften Auftretens verschiedener Infektionskrankheiten hält der Mediziner für plausibel, gerade zu Beginn der aktuellen Regenzeit. Auch wenn es sich um alte Bekannte handelt, warnt Feldt: »Dieser mutmaßliche Ausbruch hat noch einmal klargemacht, wie wichtig funktionierende Gesundheitssysteme nicht nur für die Bevölkerung sind, sondern auch für die effektive Erkennung und Eindämmung von Ausbrüchen. Wir können froh sein, dass es sich nicht um einen Ausbruch mit einem neuen hochpathogenen und hochansteckenden Erreger handelt.«
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