Salzgitter und Aurubis heiß begehrt

Übernahmepoker um zwei der bedeutendsten Metallkonzerne in Deutschland – steckt die »Hannover-Connection« dahinter?

Protest von Beschäftigten der Salzgitter AG gegen eine mögliche Übernahme
Protest von Beschäftigten der Salzgitter AG gegen eine mögliche Übernahme

Milliardenverluste von Thyssen-Krupp täuschen darüber hinweg, dass Stahl- und Metallwerke in Deutschland durchaus lukrativ sein können. So tobt gerade hinter den Kulissen eine Übernahmeschlacht um den zweitgrößten deutschen Stahlkonzern, die Salzgitter AG, und um Europas größte Kupferhütte Aurubis.

Das Bauunternehmen GP Günter Papenburg aus Hannover strebt eine Übernahme der niedersächsischen teilstaatlichen Salzgitter AG an. Man spreche mit der Landesregierung, heißt es in einer Mitteilung Papenburgs. Die zunächst erstaunliche Attacke erschließt sich bei einem Blick auf die stoffliche Wertschöpfungskette. Zu Salzgitter pflegt GP Papenburg seit Längerem ein enges Kundenverhältnis. So bezieht das Unternehmen Schlacke des Stahlkonzerns – ein Nebenprodukt, das unter anderem für den Bau von Straßen benötigt wird.

Bei dem Übernahmeversuch kooperiert Papenburg, der mit der Übernahme mehrerer Volkseigener Betriebe der DDR groß geworden war, mit Remondis. Deutschlands größtes Entsorgungsunternehmen gilt auch als größter Schrott-Recycler.

Schrott ist ein zunehmend wichtiger Rohstoff für die Stahlerzeugung, und die Remondis-Tochtergesellschaft TSR in Lünen baut gerade ihre Kapazitäten aus. Die Salzgitter AG, die an ihrem Stammsitz in der gleichnamigen Stadt ein Umbauprojekt gestartet hat, um klimaneutral Stahl herzustellen, wird dafür vermehrt Schrott als Rohstoff benötigen. Stahl kann, anders als etwa Plastik, immer wieder neu recycelt werden.

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Salzgitter besitzt zudem ein Filetstück, das an der Börse mehr wert ist als der gesamte Stahlbereich mit seinen 15 000 Beschäftigten: nämlich Anteile an Aurubis von 29,99 Prozent. In Marktkreisen wird darüber spekuliert, ob das eigentliche Ziel von Remondis/TSR – das im Alltag mit Aurubis zusammenarbeitet – der Kontrollerwerb über den Hamburger Kupferkonzern sein könnte.

An dieser Stelle kommt der »Drogerie-König« Dirk Roßmann ins Monopoly-Spiel. Der Gründer der Drogeriemarktkette Rossmann, deren Zentrale im Großraum Hannover liegt, hat sich ebenfalls Anteile an Aurubis gesichert. Das von dem Unternehmen hergestellte Kupfer gilt als essenziell für E-Autos und die grüne Transformation. Die Zukunftsaussichten von Aurubis gelten daher als blendend. Alles in allem besitzt die Rossmann Beteiligungs GmbH seit dem vergangenen Wochenende bereits 20,06 Prozent an dem Konzern, der in der zweiten Börsenliga Mdax gelistet ist.

Branchenbeobachter sehen hinter dem Aktienspektakel die »Hannover-Connection« am Werk, die sich einst um den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD) gebildet hatte. Dirk Roßmann und Günter Papenburg kennen sich von dort.

Unterdessen wächst bei den Beschäftigten der Salzgitter AG der Widerstand gegen die vom Papenburg-TSR-Konsortium angestrebte feindliche Übernahme. Die IG-Metall-Vertrauensleute warnen vor den »profitgetriebenen Familienunternehmen«. Am Tag vor Nikolaus demonstrierten Tausende Metaller vor dem Gästehaus des Konzerns, in dem der Aufsichtsrat über die Lage beriet.

Das Konsortium will 45 Prozent der Anteile an der Salzgitter AG plus eine Aktie erlangen. Dadurch würde es bereits die wirtschaftliche Kontrolle über den Stahlkonzern bekommen, da die 10 Prozent aller Aktien, die die Salzgitter AG selbst hält, nicht stimmberechtigt sind. Auch das Land Niedersachsen, das mit 26,5 Prozent einen gewichtigen Teil der Stimmen besitzt, könnte das in diesem Fall nicht verhindern und wäre im Zweifel überstimmt. Hasan Cakir, Vorsitzender des Salzgitter-Konzernbetriebsrats, hat nach Gesprächen mit der Familie Papenburg die Vermutung, dass diese es auf das Tafelsilber abgesehen habe: »Ein zentrales Ziel ist offenbar der Zugriff auf die Aktienanteile an der Aurubis AG.«

Roßmann versucht derweil, die Gemüter zu besänftigen. In einem Interview mit der »Wirtschaftswoche« verneinte der Ko-Autor von Ökothrillern kürzlich Übernahmegelüste: »Den Hannover-Plan gibt es nicht.« Er selbst sieht sich lediglich als Aktionär, der mit seinen Investments Gewinne erzielen wolle.

Übernahmegerüchte sind für diesen Zweck gewöhnlich hilfreich: Sie treiben üblicherweise den Börsenkurs in die Höhe.

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