Schwarz-Grün ist mit sich zufrieden

Grüne bleiben in der nordrhein-westfälischen Regierung blass

Mona Neubaur und Hendrik Wüst führen die Koalition weitgehend »geräuschlos«.
Mona Neubaur und Hendrik Wüst führen die Koalition weitgehend »geräuschlos«.

Seit zweieinhalb Jahren regieren CDU und Grüne in Nordrhein-Westfalen miteinander. Es ist die erste schwarz-grüne Koalition im Bundesland. Lange galten die NRW-Grünen als eher links und die Positionen beider Parteien als zu weit voneinander entfernt. Als der Koalitionsvertrag im Sommer 2022 unterschrieben wurde, war dann auch oft die Rede von »Brücken bauen«. Das funktioniert bislang offensichtlich ganz gut.

Nach einer Umfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen würden derzeit 41 Prozent der Befragten die CDU wählen, fast 6 Prozent mehr als bei der Landtagswahl. Die Grünen fielen zwar von 18 auf 14 Prozent, befänden sich damit aber immer noch auf Höhe des Bundesschnitts. Die Opposition kann von Versäumnissen der Landesregierung bisher nicht profitieren. Im Gegenteil, die SPD liegt derzeit bei 16 Prozent. Die FDP hat ihren Wert von der letzten Landtagswahl halbiert und kommt in der jüngsten Umfrage nur auf 3 Prozent.

Am Mittwoch wurde im Düsseldorfer Landtag der Haushalt für das Jahr 2025 debattiert und beschlossen. Ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz des schwarz-grünen Regierungsprojekts.

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Mit 105,5 Milliarden Euro hat NRW einen Rekordhaushalt. Für Aufregung im Land sorgten zuletzt aber vor allem Kürzungen im Sozialbereich. Sie dominierten auch die Landtagsdebatte. Jochen Ott, Fraktionschef der Sozialdemokraten sprach zu Beginn und am Ende seiner Rede über ein Freizeitprojekt für arme Kinder in Köln. Schwarz-Grün will dessen Förderung streichen, wie auch für viele andere Projekte, von der Aidshilfe über Frauenhäuser bis zu Geflüchtetenberatung. 30.000 Menschen demonstrierten dagegen. Die Koalition schichtete um, nahm einige, aber längst nicht alle Kürzungen zurück. Für den Sozialdemokraten Ott trotzdem ein eindeutiger Fall: »Die härtesten Sozialkürzungen, die es je gab in NRW.« Schwarz-Grün habe sich »ohne Streit und Krach«, aber »ganz schnell und eiskalt« für die Kürzungen entschieden. Das Soziale sei eben »kein Streitpunkt unter Besserverdienenden«, so der SPD-Fraktionschef bissig. Stichwort Besserverdienende: Selbst FDP-Chef Henning Höne fragte die Landesregierung, wie man es riskieren könne, »für 0,04 Prozent des Haushalts so viele Menschen zu verunsichern«.

Vertreter*innen von Grünen und CDU gingen in ihren Reden nicht lange auf die Vorwürfe ein. Sie betonten ihren Schwerpunkt in der Bildungspolitik. Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte, sie sei »auch in Zeiten knapper Kassen Priorität Nummer eins«. Kein Land gebe, auch anteilig, so viel für Bildung aus wie Nordrhein-Westfalen. Wüst sprach auch über die Wirtschaft. Leugnete nicht, dass die sich mit großen Abbauplänen, etwa bei Ford in Köln oder Thyssenkrupp, in der Krise befindet. Sein Plan dagegen, den er auch für den Bund empfiehlt: eine »verlässliche« sowie »innovations- und weltoffene« Wirtschaftspolitik. In NRW habe man erfolgreich die erneuerbaren Energien ausgebaut. Klimaschutz und erfolgreiche Industriepolitik seien Kernziel seiner Regierung. Die Zukunftsformel des Ministerpräsidenten: »Wir gehen konsequent den Weg von der Kohle zur KI.«

»Wir gehen konsequent den Weg von der Kohle zur KI.«

Hendrik Wüst Ministerpräsident NRW (CDU)

Kohle? Da war doch etwas. Als Schwarz-Grün erst wenige Monate im Amt war, wurde das besetzte Dorf Lützerath am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler mit einem riesigen Polizeieinsatz geräumt. Die Grünen hatten sich vor der Wahl für den Erhalt des Dorfes eingesetzt. Als Erfolg feierte die Partei damals einen auf 2030 vorverlegten Kohleausstieg. Daraus wird jetzt nichts mehr. Um früher aus der Kohle auszusteigen, war der Bau neuer Gaskraftwerke unerlässlich. Dafür setzte man auf das Kraftwerkssicherheitsgesetz der Bundesregierung. Das Gesetz ist nach dem Aus der Ampel Geschichte. Die CDU, obwohl sie in NRW dafür ist, war im Bund nicht zu einer Zustimmung zu bewegen. Nun fehlen Gaskraftwerke, und im Rheinischen Revier wird länger Kohle verbrannt. Für die grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur eine Niederlage.

Auch für andere Grünen-Minister*innen läuft es nicht gut. Die Besetzung einer Richterstelle am Oberverwaltungsgericht ist Thema eines Untersuchungsausschusses. Zentraler Vorwurf: Justizminister Benjamin Limbach hat den Posten an eine Bekannte vergeben, die nicht die beste Bewerberin war.

Die Familien- und Flüchtlingsministerin Josefine Paul steht ebenfalls in der Kritik. Ein Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem mutmaßlich islamistischen Messerattentat von Solingen. Pauls Ministerium wird dafür kritisiert, den Tatverdächtigen nicht abgeschoben zu haben. Die grüne Ministerin wehrt sich gegen den Vorwurf, und die Landesregierung hat nach dem Anschlag ein restriktives Sicherheitspaket verabschiedet. Auch bundespolitisch setzt sich Schwarz-Grün für mehr Abschiebungen und neue Sicherheitsgesetze ein.

Als es am Mittwochabend im Landtag um die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete in NRW ging, blieb dem Vertreter der Grünen folgerichtig auch nicht viel mehr zu sagen, als dass man Zweifel an deren »Sinnhaftigkeit« habe und vor allem zustimme, weil man »vertragstreu in der Koalition« sei. Ein kleiner grüner Erfolg sei es, dass sich Kommunen gegen die Einführung der Bezahlkarte entscheiden können.

Der größte Erfolg für die Grünen im vergangenen Jahr: Die Stelle eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag wird eingeführt. Der oder die Beauftragte kann nach Beschwerden Akten einsehen und Gespräche mit Polizist*innen führen. Er soll Bürger*innen auch bei Strafanzeigen gegen Polizist*innen unterstützen. Das könnte diesen immerhin etwas mehr Gewicht verleihen. Größere Erfolge haben die Grünen nach zweieinhalb Jahren Regierung mit der Union nicht vorzuweisen. Eine Hoffnung von Schwarz-Grün ist es, dass im Bund bald genauso regiert wird. Dann soll es möglich sein, mehr Projekte durchzusetzen.

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