Davos stärkt die Macht der Tech-Konzerne

Weltwirtschaftsforum: 3000 Teilnehmer werden zu der Hochsicherheitsveranstaltung erwartet

Das Treffen des Weltwirtschaftsforums wird wie jedes Jahr schwer bewacht.
Das Treffen des Weltwirtschaftsforums wird wie jedes Jahr schwer bewacht.

Im Jahr 2024 gab es 204 neue Milliardär*innen. Darauf weist die Hilfsorganisation Oxfam anlässlich des am Montag in Davos beginnenden Weltwirtschaftsforums (WEF) hin. Laut einer aktuellen Auswertung mit dem Titel »Takers not Makers« stagniert dagegen die Zahl der Menschen, die unter der erweiterten Armutsgrenze der Weltbank von 6,85 US-Dollar pro Tag leben. Und: Heute müssen weltweit 733 Millionen Menschen hungern – etwa 152 Millionen mehr als 2019.

Der Bericht zeigt weiter, dass das Gesamtvermögen von Milliardären weltweit 2024 von 13 Billionen auf 15 Billionen US-Dollar gestiegen ist. Das entspreche einer Zunahme von rund 5,7 Milliarden US-Dollar pro Tag. »Der Vermögenszuwachs der Superreichen ist grenzenlos, während es bei der Bekämpfung der Armut kaum Fortschritte gibt und zum Beispiel Deutschland die Unterstützung einkommensschwacher Länder sogar kürzt«, kritisiert die Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altinisik. »Der Abgrund der Ungleichheit reißt immer weiter auf, auch mit Folgen für unsere Demokratie.«

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Dabei folgt die Bundesrepublik dem Trend: Deutschland hat die viertmeisten Milliardär*innen weltweit; ihr Gesamtvermögen stieg laut dem Bericht im vergangenen Jahr um 73 Millionen US-Dollar pro Tag. Oxfam fordert, dass die kommende Bundesregierung das Vermögen der Superreichen mit zwei Prozent besteuert. Sie muss in soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz investieren und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit erhöhen. Sie muss zudem Konzernmacht beschränken, das Kartellrecht stärken und damit schädliche Marktkonzentration frühzeitiger bremsen.

Traditionell berichtet Oxfam anlässlich des WEF über die wachsende Ungleichheit, da solche Fragen in Davos bestenfalls am Rande vorkommen. Auch in diesem Jahr stehen andere Themen im Vordergrund: So heißt es in einem aktuellen WEF-Bericht, dass bewaffnete Konflikte zwischen Staaten das größte Risiko für wirtschaftliche Verwerfungen in den kommenden zwei Jahren bergen. Auch Naturkatastrophen, »geo-ökonomische Konfrontationen« sowie Falschinformationen nannten die 900 befragten Führungskräfte von Unternehmen aus 121 Ländern als Gefahren. »Wir beobachten leider eine Rekordzahl von Konflikten weltweit«, sagte der geschäftsführende WEF-Direktor Mirek Dusek bei der Vorstellung kurz vor dem Start des Treffens.

Das eigentliche Forum beginnt am Montag in dem schweizerischen Nobel-Luftkurort. An den vier Tagen werden knapp 3000 Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Kultur aus 130 Ländern erwartet. Auch wenn die Großveranstaltung nicht mehr die Bedeutung wie früher hat, reist allerlei Politprominenz an. So gibt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj genauso ein persönliches Stelldichein wie der scheidende deutsche Kanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Laut WEF sind auch der israelische Staatspräsident Izchak Herzog und der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Mustafa sowie Regierungsvertreter aus Syrien, Saudi-Arabien und Iran mit von der Partie.

Entsprechend gleicht der Veranstaltungsort einem Hochsicherheitstrakt: Das Schweizer Parlament billigte den Einsatz von bis zu 5000 Armeeangehörigen zur Unterstützung des WEF. Sie sollen laut Militärangaben helfen, die Infrastruktur und die hochkarätigen Besucher zu schützen. Ferner seien permanent bewaffnete Kampfjets auf Patrouille. Erstmals seit Jahren gab es auch wieder kleinere Proteste in Davos, aber am Wochenende vor Beginn der Veranstaltung.

Eigentlich ist das 1971 vom deutschen Professor Klaus Schwab (86) gegründete WEF das Jahrestreffen der Mitglieder, überwiegend große Firmen. Seit Jahren nutzen aber auch Politiker aus aller Welt das Forum für informelle Gespräche. Offiziell soll es dabei um den Beitrag zur Lösung weltweiter Krisen gehen.

Das Motto des diesjährigen Treffens lautet übrigens »Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter«. Dies macht auch deutlich, dass die großen Tech-Konzerne eine immer wichtigere Rolle bei der Veranstaltung spielen. In einer aktuellen Studie der Organisationen Lobby-Control, Balanced Economy Project und Global Justice Now wird vor der uneingeschränkten Macht und dem demokratiegefährdenden politischen Einfluss von Tech-Milliardären und ihren Konzernen gewarnt. Partner des WEF seien unter anderem Google, Amazon, Meta, Microsoft und Apple. »Die Tech-Milliardäre und ihre Konzerne nehmen verstärkt Einfluss auf die Politik. Das widerspricht dem demokratischen Prinzip, dass jeder Mensch eine Stimme hat«, kommentiert Max Bank von Lobby-Control. »Das Weltwirtschaftsforum in Davos macht die Sache noch schlimmer, indem es den privilegierten Zugang dieser Tech-Milliardäre zur Politik weiter verstärkt.«

Auch Oxfam weist darauf hin, dass sich die globale Wirtschaftsmacht der Milliardär*innen zunehmend in politischer Macht niederschlägt, und verweist auf den Amtsantritt von Donald Trump, der vom reichsten Mann der Welt, Elon Musk, unterstützt werde. Ob letzterer nach Davos kommt, ist unklar, wie WEF-Präsident Borge Brende sagte. Musk sei aber jederzeit willkommen. Trump wiederum wird drei Tage nach seinem Amtsantritt per Videoschalte zu den Gästen in Davos sprechen. Er ist ohnehin ein alter Bekannter – in seiner ersten Amtszeit nahm er als erster amtierender US-Präsident persönlich am Weltwirtschaftsforum teil.  Mit Agenturen

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