Nur Finanzmärkte als Gegner

US-Banken gehen auf Schmusekurs mit dem amerikanischen Präsidenten. Das könnte sich bald ändern

Die USA bewegen sich auf dem heiklen finanzpolitischen Niveau von Italien und Griechenland.
Die USA bewegen sich auf dem heiklen finanzpolitischen Niveau von Italien und Griechenland.

Donald Trump will alles auf einmal. Finanzielle Mittel für seine Grenz- und Einwanderungspolitik, Aufrüstung des Militärs, eine andere Energiepolitik und gleichzeitig sollen die Steuern sinken. Das kann dem 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten noch teuer zu stehen kommen. Wenn die Akteure auf den internationalen Finanzmärkten Monopoly spielen, droht Trump ein »Liz-Truss-Moment«.

Mary Elizabeth »Liz« Truss war als britische Premierministerin lediglich sechs Wochen im Amt. Die Konservative trat im Jahr 2022 zurück, nachdem die Finanzmärkte und das Pfund in schwere Turbulenzen geraten waren. Truss hatte Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung und die Aufnahme höherer Staatsschulden angekündigt. Daraufhin sackte das britische Pfund in den Keller und die Renditen der Staatsanleihen stiegen in die Höhe. Seither sprechen Ökonomen vom »Liz-Truss-Moment«, wenn die Finanzmärkte aufgrund politischer Entscheidungen heftig ausschlagen. Ähnliches könnte dem Republikaner Trump widerfahren, der am Wochenende, ganz Geschäftsmann, seine dubiose digitale Gedenkmünze »$Trump« auf den Markt brachte.

Zunächst stiegen die Renditen der US-Staatsanleihen nach der November-Wahl Trumps. Ein Alarmzeichen. Wer US-Staatsanleihen erwirbt, gibt der Regierung ein Darlehen. Im Gegenzug erhält der Gläubiger – das können Kleinanleger, Banken, Großinvestoren oder Versicherungen sein – Zinsen und am Ende den geliehenen Betrag zurück. Finanzdienstleister halten Trumps Wahlversprechen offenbar für riskant und erwarten höhere Risikoaufschläge. »Wir können sehen, dass das exorbitante Privileg der US-Staatsanleihen langsam verschwindet«, beobachtet der bekannte Kritiker hoher Staatsschulden Hanno Lustig, Professor an der Stanford University in den USA. Der Anleihen-Markt sei die einzige Instanz, welche die Regierung in Washington zwingen könne, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen. Ähnliche Stimmen waren auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) im schweizerischen Davos zu vernehmen.

Doch noch gilt der US-Dollar als starke globale Leitwährung. Und kurzfristig, davon zeigt sich auch der linke Ökonom Rudolf Hickel überzeugt, werden die Finanzdienstleister positiv auf Trump reagieren. Seit Anfang Dezember haben unter anderen die Investmentbank Goldman Sachs, die Bank of America sowie der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock das von Trump ungeliebte globale Klimabündnis »Net Zero Asset Managers Initiative« verlassen. Damit gehen die Banker wie die Industriellen »Jeff« Bezos (Amazon), Elon Musk (Tesla) oder Mark Zuckerberg (Facebook) auf Schmusekurs mit Trump.

Trumps America-First-Ideologie mag sich zunächst für die Geldgiganten auszahlen. Deren Profitraten waren schon unter Biden weit höher als in Europa. Mittelfristig dürfte aber Trumps »merkantile« Zoll- und Abschottungspolitik die Preise und den Schuldenberg von 36 Billionen Dollar in die Höhe treiben. Zu Jahresbeginn lag die Schuldenquote der USA laut Bundesfinanzministerium bei 125,0 Prozent der Wirtschaftsleistung BIP (Deutschland: 63,6 Prozent). Die Schulden sind also weit größer als die Leistung der Wirtschaft in einem ganzen Jahr. Damit bewegen sich die Vereinigten Staaten nach der Biden-Präsidentschaft auf dem heiklen finanzpolitischen Niveau von Italien und Griechenland.

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob eine extrem hohe Verschuldung an sich volkswirtschaftlich gefährlich sei, teuer kommt sie in jedem Fall, seit die Null-Zins-Episode zu Ende ging. Die Staatsverschuldung wird unter Donald Trump sogar noch massiver steigen, erwarten die meisten Beobachter. Jemand muss diese Schulden finanzieren und der will dafür mehr Geld: In der vergangenen Woche stieg der Zins, den die USA für Kredite an ihre weltweiten Gläubiger zahlen müssen, auf kostspielige 4,8 Prozent (Deutschland 2,50 Prozent).

Eine erste Nagelprobe für Trump folgt wahrscheinlich im Sommer. Im Januar trat die Obergrenze für die Schulden der US-Regierung wieder in Kraft. Dies ist deswegen ein Problem, weil laufende Einnahmen die Ausgaben nicht decken. Trumps Finanzministerium kann dann eine Zeit lang auf »außerordentliche Maßnahmen« zurückgreifen. Im Juni könnte aber der Punkt erreicht sein, ab dem das Finanzministerium nicht mehr allen seinen Verpflichtungen nachkommen kann.

Bis zum Frühsommer muss der Kongress wohl die Schuldengrenze entweder anheben oder erneut aussetzen. Was die Zinsen weiter in die Höhe treiben könnte. »Andernfalls droht eine Staatspleite mit unvorhersehbaren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Gesamtwirtschaft«, schreibt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. Die dafür notwendige Mehrheit im Repräsentantenhaus ist allerdings äußerst knapp, Trump kann sich dort nur zwei Abweichler erlauben. Zudem stehen im April Nachwahlen in Florida und New York an, welche die hauchdünne Mehrheit im Parlament gefährden.

Von Fed-Chef Jerome Powell ist keine Hilfe zu erwarten. Die US-Notenbank fällt als Käufer von Staatsanleihen inzwischen wieder aus. Bis 2023 erwarb die Fed angeblich aus geldpolitischen Gründen massenhaft US-Staatsanleihen, was deren Zinsen dämpfte. Und seit der Wahl von Trump hat sich die Aussicht auf weitere Leitzinssenkungen eingetrübt. Powell wird abwarten wollen, wie Trumps Wirtschaftspolitik wirklich aussieht. Trumps finanzpolitisches Konzept dahinter ist überschaubar. Er setzt wie einige US-Ökonomen alles auf Wachstum. Steigt das BIP und damit die Steuern schneller als die Zinsen, so deren Theorie, finanzieren sich die Staatsschulden wie von selbst. Davon würden dann auch die weltweiten Gläubiger der USA profitieren.

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