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Öcalan könnte Ende der PKK verkünden

26 Jahre nach seiner Festnahme wird vom PKK-Gründer eine Botschaft erwartet

  • Anne Chaon
  • Lesedauer: 4 Min.
Türkische Kurden zeigen das V-Zeichen während einer Newroz-Feier, die das neue Jahr markiert, in Ankara. Auf dem Plakat ist das Porträt des seit 26 jahren inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan zu sehen.
Türkische Kurden zeigen das V-Zeichen während einer Newroz-Feier, die das neue Jahr markiert, in Ankara. Auf dem Plakat ist das Porträt des seit 26 jahren inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan zu sehen.

Seit vier Jahrzehnten kämpft die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) für Selbstbestimmung gegen den türkischen Staat; rund 45 000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Nun könnte die PKK möglicherweise aufgelöst werden – von ihrem Gründer Abdullah Öcalan, der seit Jahrzehnten auf der Insel Imrali nahe Istanbul in Haft sitzt.

Am Samstag jährt sich der Tag von Öcalans Festnahme im Jahr 1999 zum 26. Mal. Beobachtern zufolge könnte der Kurdenführer das Datum zum Anlass nehmen, auf Ersuchen von Ankara die PKK-Kämpfer zur Niederlegung der Waffen aufzurufen.

PKK-Gründer Abdullah Öcalan will Lösung der Kurdenfrage verkünden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein rechtsnationalistischer Koalitionspartner MHP hatten Öcalan im Herbst eine frühere Freilassung in Aussicht gestellt, falls er die PKK auflöst. Die Partei wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft.

Anfang Februar kündigte Öcalan an, »in den kommenden Tagen« einen »historischen Aufruf zur Lösung der Kurdenfrage« zu machen. Was genau der Appell beinhalten könnte, ist noch unklar. Öcalan hatte die PKK in der Vergangenheit mehrfach zu Waffenruhen aufgerufen – allerdings nie ihre Auflösung gefordert.

Bewaffneter Kampf gegen den türkischen Staat

Der aus Südostanatolien stammende Öcalan gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakir als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaates für die Volksgruppe, deren Angehörige vor allem in der Türkei, aber auch im Iran, Irak und in Syrien leben.

1984 rief Öcalan zur Durchsetzung seiner Ziele zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. Die PKK agierte dabei vor allem über Guerillagruppen in der Türkei und im Norden des Irak und Syriens. Es begann eine Spirale der Gewalt zwischen PKK-Kämpfern und der türkischen Armee, durch die Zehntausende Menschen getötet wurden.

Seit 1999 lebenslang in Haft

Als der ins Exil geflohene Öcalan 1999 in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen und zum Tode verurteilt wurde, versetzte das der Gruppe einen schweren Schlag. Die PKK rückte von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaates ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die rund 13 Millionen Kurden in der Türkei durchsetzen.

Öcalan entging der Hinrichtung durch die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei, er verbüßt nun eine lebenslange Haftstrafe. Sein Ansehen bei den Kurden und sein Einfluss auf die PKK mit ihren mehreren Tausend Kämpfern sind jedoch ungebrochen. Sowohl die PKK-Kommandeure, die sich im nordirakischen Kurdengebiet verschanzten, als auch die führenden politischen Vertreter der PKK im europäischen Exil erkennen Öcalan nach wie vor als höchste Instanz an.

Auswirkungen auf Syrien

Über die Jahrzehnte hinweg verkündete die PKK mehrfach Waffenruhen, die jedoch nie lange hielten. 2013 forderte Öcalan den Rückzug der 1500 bis 2000 Kurdenkämpfer aus der Türkei, um dem Friedensprozess eine Chance zu geben. Bereits 2015 wurde jedoch auch diese Waffenruhe wieder gebrochen.

Sollte Öcalan diesmal tatsächlich die Auflösung der PKK verkünden, könnte dies ein Wendepunkt in den türkisch-kurdischen Beziehungen werden. Ungewiss ist, wie ein solcher Aufruf bei den kurdischen Kämpfern im Norden Syriens ankommen würde. Hier verteidigt das kurdisch geführte und von den USA unterstützte Militärbündnis der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) seine mühsam errungene Autonomie gegen die Türkei und die neuen islamistischen Machthaber in Damaskus. Ankara sieht die zum SDF gehörende Gruppe YPG als einen Ableger der PKK. AFP/nd

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