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EU: Deutliches Plus bei Mindestlöhnen

Deutschland fällt mit einer Mini-Anhebung im europäischen Vergleich zurück

Im Wahlkampf fällt die Forderung nach 15 Euro Mindestlohn weitgehend unter den Tisch.
Im Wahlkampf fällt die Forderung nach 15 Euro Mindestlohn weitgehend unter den Tisch.

Fast überall in der EU sind die Mindestlöhne zum Jahresanfang gestiegen, in einigen Ländern sogar deutlich. Im Mittel betrug die nominale Steigerung gegenüber dem Vorjahr 6,2 Prozent, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der DGB-nahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Da im Jahresvorlauf die Inflation europaweit zurückgegangen ist, »bleibt auch nach Berücksichtigung der gestiegenen Lebenshaltungskosten mit 3,8 Prozent im Median ein deutliches reales Plus«, heißt es in der Untersuchung.

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Allerdings sind die Zuwächse geographisch sehr ungleich verteilt. So stammen alle neun Länder mit dem größten realen Plus von jeweils über fünf Prozent us Osteuropa. Im Rest der EU verzeichnen Irland (+4,9 Prozent), Portugal (+3,3) und Griechenland (+3,3) vergleichsweise hohe Steigerungen. In Deutschland übertraf die Anpassung auf 12,82 Euro zum Jahresanfang die Inflationsrate des Vorjahres nur geringfügig.

Als ein Grund für die teils deutlichen Erhöhungen wird die EU-Mindestlohnrichtlinie angeführt. Durch sie entstehe »in vielen Ländern ein Sog hin zu strukturellen Erhöhungen, die über die normalen regelmäßigen Anpassungen hinausreichen«, schreiben die Autoren Malte Lübker und Thorsten Schulten. Laut der Richtlinie soll die Lohnuntergrenze 60 Prozent des jeweiligen mittleren Lohns betragen, und in den letzten Jahren hat sich das Gefälle innerhalb der EU deutlich verringert. Allerdings hätten die 60-Prozent-Marke bisher nur Portugal, Slowenien und Frankreich erreicht. Deutschland verfehlte das Ziel mit 51,7 Prozent des Medianlohns der Vollzeitbeschäftigten deutlich. Bereits im laufenden Jahr wäre ein Mindestlohn von rund 15 Euro notwendig, so die WSI-Forscher. Indes steht die Richtlinie durch ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof auf der Kippe.

Auch die Zehn-Jahres-Blanz fällt in Deutschland bescheidener aus als etwa in Spanien, Portugal und Irland: Der Mindestlohn stieg real nur um 16 Prozent. »Per Saldo haben die Anpassungen lediglich inflationsbedingte Kaufkraftverluste ausgeglichen«, so das Fazit von Lübker und Schulten. Indes bestehe Grund zur Hoffnung, da die Mindestlohnkommission sich künftig am 60-Prozent-Wert orientieren will. Zuletzt rutschte Deutschland unter den 22 EU-Ländern mit gesetzlichem Mindestlohn auf den fünften Platz ab. Vorne liegen die Niederlande und Luxemburg.

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