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»Families like ours«: Probleme unserer Welt
In der Serie »Families like ours« zeigt Regisseur Thomas Vinterberg, wie schnell man auch in Europa zur Flucht gezwungen sein kann
Es gibt Worte, die unsere Zeit sehr gut beschreiben. Klimaflüchtlinge ist eines davon. Ihnen widmet Regisseur Thomas Vinterberg (»Der Rausch«) seine erste Serie »Families Like Ours – Nicht ohne Euch«. Mühelos bettet er Probleme des Klimawandels, Kapitalismuskritik und Flüchtlingspolitik in eine Familiensaga ein. Sowohl das Setting als auch die Figuren sind glaubhaft angelegt. Besonders der Realitätsaspekt trifft.
»Families Like Ours« spielt in Dänemark in naher Zukunft. Da der Meeresspiegel unaufhörlich steigt, wird das ganze Land evakuiert. Fortan muss jeder für sein neues Leben sorgen. Wer es sich leisten kann, wählt ein Zielland, andere sind auf staatliche Programme angewiesen.
Wer es sich leisten kann, wählt ein Zielland, andere sind auf staatliche Programme angewiesen.
Die einzelnen Figuren sind gut gewählt. Im Mittelpunkt steht die 19-jährige Protagonistin Laura (Neuentdeckung: Amaryllis August), die in einer Patchwork-Familie aufwächst. Zwischen den Eltern ist die soziale Schere gut sichtbar. Lauras Mutter (Paprika Steen), einst eine erfolgreiche Journalistin, ist stressbedingt krankgeschrieben. Ihr Vater Jakob (Nikolaj Lie Kaas) hingegen arbeitet als renommierter Architekt; Jakobs Schwager Nikolaj (Esben Smed) sitzt als stellvertretender Leiter des Migrationsamtes an der Quelle der Informationen und wohnt mit seinem Mann Henrik (Magnus Millang) in einem riesigen Herrenhaus.
Die Serie erzählt von ihnen allen. Folge für Folge spitzt sich die Krisensituation mehr zu: Eigentum ist durch die Notsituation nichts mehr wert, die Banken sind überfordert, und die Wut der Bürger*innen wächst, während sich das Land auf den Shutdown vorbereitet. Mittendrin in all dem Chaos verlieben sich Laura und Elias (Albert Rudbeck Lindhardt) Hals über Kopf. Wenn sie sich begegnen, dann hält die Zeit für sie an. Eine schöne Szene: Die beiden stehen sich im Schulflur gegenüber und blicken sich in die Augen, während alle anderen Schüler*innen wie ein Strom an ihnen vorüberziehen.
Und so erzählt Vinterberg auch eine Coming-of-Age-Story von einer Jugend, die durch die Klimakrise ihrer Zukunft beraubt wurde. Im Laufe der Serie werden die lichtdurchfluteten Bilder durch dunkle, immer radikaler werdende Szenarien abgelöst, mit der Kamera festgehalten von Sturla Brandth Grøvlen und Manuel Alberto Claro.
Regisseur Thomas Vinterberg, der die Serie vor über acht Jahren geschrieben hat, prallte bei der Planung der Serie auf harte Realitäten. Ursprünglich wollte er in Kiew drehen, aber das war vor dem Krieg in der Ukraine. Die Zeit hat ihn eingeholt. Auch die Corona-Pandemie lag noch in einiger Ferne. Jetzt befinden wir uns mittendrin in der von Krieg, Kapitalismus und Klima bestimmten Krise. Während wir heutzutage auf strengere Klimavorgaben hoffen, verstärkt Vinterberg in »Families Like Ours« die Konsequenzen der Klimakrise und stellt ein Land vor, das in den Fluten versinken wird.
Das Drehbuch von Thomas Vinterberg und Bo Hr. Hansen ist von der Wirklichkeit inspiriert: In Dänemark steigen der Meeresspiegel und das Grundwasser tatsächlich. Um daran zu erinnern, hat der dänische Sender TV2 in Kopenhagen, Aarhus und Odense Parkbänke mit einer Höhe von 1,35 Metern aufgestellt. Noch kann man nicht mit den Füßen im Wasser baumeln.
Während in Dänemark eine strenge Migrationspolitik herrscht, konfrontiert der Regisseur seine Hauptfiguren damit. Sie sind in diesem Fall die Flüchtlinge und müssen in Ländern, die nach und nach ihre Grenzen schließen, einen Platz finden. In der Serie ist der Wohlstand zerbrechlich. Wer die richtigen Entscheidungen trifft, wird schneller wieder Land gewinnen. Falsche Entscheidungen hingegen können fatale Folgen haben. Es ist Vinterberg zugutezuhalten, dass er seine Figuren ernst nimmt, treu bleibt er ihnen aber nicht. Manchmal stellt er den Plot über die Figuren, und das tut der Serie nicht besonders gut.
Verfügbar in der ARD-Mediathek.
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