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Protestcamp in Berlin: Der O-Platz lebt
Am Oranienplatz in Kreuzberg startet ein Protestcamp für Flüchtlinge – nach einigem Hin und Her
»Wir wollen hier zusammenkommen, um in der Zukunft etwas zu machen«, sagt Salah dem nd-Newsletter »Muckefuck« am Sonntag. Salah ist nach Deutschland geflohen und nimmt am neuen Protestcamp auf dem Kreuzberger Oranienplatz teil, mit dem linke Gruppen bis Ende März ein Zeichen gegen Abschiebungen setzen wollen. »Das Thema ist die ganze Zeit aktuell. Aber jetzt gerade wird alles noch mal viel schlimmer«, sagt Salah.
Bislang ist das Protestcamp überschaubar. Etwa zehn Menschen haben laut Salah die erste Nacht im Camp verbracht. Die Berliner Polizei vermeldete keine Zwischenfälle. Auf einer Rasenfläche des Oranienplatzes stehen gut ein halbes Dutzend Zelte, daneben ein Pavillonzelt mit Bänken und Tischen, in dem sich die Campteilnehmer*innen treffen und zum Beispiel mit Kaffee versorgen können. »O-Platz lebt« steht auf einem großen Transparent. Das Motto des Camps ist in Englisch gehalten: »Stand united for refugee rights and climate justice« (Steht zusammen für die Rechte von Flüchtlingen und Klimagerechtigkeit).
Der Oranienplatz hat eine Geschichte
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Zeltsiedlung auf dem Oranienplatz errichtet wird. Die Veranstalter haben sich den Ort nach eigenen Angaben bewusst ausgesucht: Ab Oktober 2012 sorgte hier ein Flüchtlingscamp für rund 18 Monate immer wieder für Schlagzeilen. Rund 100 Flüchtlinge hatten den Platz nach einem langen Marsch durch Deutschland besetzt und dort Zelte und Hütten gebaut, um gegen Abschiebungen zu kämpfen.
»Ich habe hier gelebt. Das ist ein Teil meiner Geschichte, ein Teil meines Weges.«
Salah Geflüchteter und Camp-Teilnehmer
Die Besetzer wechselten im Laufe der Zeit, der Senat verhandelte über einen Abzug. Im Frühjahr 2014 zog ein Teil von ihnen gegen Zusagen ab, die Hütten der anderen wurden kurz darauf abgerissen und das Camp geräumt. Auch Salah war damals beim Flüchtlingscamp mit dabei. »Ich habe hier gelebt. Das ist ein Teil meiner Geschichte, ein Teil meines Weges«, sagt er.
Polizei wollte das aktuelle Camp verlegen
Ob das neue Protestcamp überhaupt erlaubt werden würde, stand lange auf der Kippe. Die Polizei hatte das aktuelle Protestcamp zunächst untersagt und eine Verlegung angeordnet. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied am Freitag in einem Eilverfahren, das Camp dürfe stattfinden, allerdings mit einem kleineren Bereich für die Übernachtungszelte als geplant. Demnach dürfen die Zelte zum Schutz der Grünanlage nur auf der Hälfte der dafür vorgesehenen Fläche aufgestellt werden. Zudem sollen sie im wöchentlichen Rhythmus umgestellt werden.
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»Trotz der Versuche der Polizei, uns zu vertreiben, haben wir uns gewehrt und werden nun auf dem Oranienplatz zusammenkommen«, schreibt der Zusammenschluss »O-Platz United« auf Instagram. Man wolle einen gemeinschaftlichen Raum schaffen, in dem für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen und für Klimagerechtigkeit gekämpft werde.
In einer weiteren Mitteilung kritisieren die Aktivist*innen eine in der deutschen Politik breit angelegte Stimmungsmache gegen Geflüchtete. »Wir sehen, wie die großen Parteien wie CDU, SPD, Grüne, FDP und BSW sich für faschistische Ideen der Massenabschiebung aussprechen und dem Kurz der rechtsextremen Partei AfD folgen«, heißt es darin. Während die Klimakrise noch immer nicht als
Grund für einen Asylantrag gelte, würden Verantwortliche weiter daran arbeiten, Europa zur Festung zu machen. Laut der Anmeldung der Veranstalter werden für das Protestcamp bis zu 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. mit dpa
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