- Politik
- Ukraine-Krieg
Stop and Go Richtung Kriegsende
Der Westen und Russland bleiben auf Konfrontationskurs und lassen sich eine Hintertür offen
Russland hat scharf auf Wiederaufrüstungspläne der Europäischen Union reagiert. »Wir sehen, dass die Europäische Union jetzt aktiv über die Militarisierung der EU und die Entwicklung des Verteidigungssegments diskutiert«, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gegenüber Reportern und reagierte damit auf den 800-Milliarden-Plan der EU für die Rüstung.
Die EU positioniere Russland als ihren Hauptgegner, das sei ein Prozess, den man genau beobachte, so Peskow. »Dies könnte natürlich ein Thema sein, das uns große Sorgen bereitet, und es könnte notwendig sein, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.«
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Moskau wirft Macron Invasionspläne vor
Harsche Kritik aus Moskau gab es auch an den Plänen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, einen atomaren Schutzschild für Europa zu errichten und europäische Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden. Macrons Erklärung sei eine Konfrontation und »erzeugt die Empfindung, dass Frankreich die Fortsetzung des Krieges sucht«, sagte Peskow.
Außenminister Sergej Lawrow sprach sogar von einer gegen Russland gerichteten Bedrohung und legte dem französischen Staatschef Invasionsgedanken nahe. »Natürlich ist das eine Bedrohung, wenn er die Leiter der europäischen Generalstäbe versammelt und sagt, dass man Atomwaffen einsetzen muss. Im Unterschied zu seinen Vorgängern Napoleon und Hitler, die auch gegen Russland kämpfen wollten, tritt Monsieur Macron nicht sehr elegant auf«, giftete Lawrow gegen den Franzosen.
Das von Moskau angeführte Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) kündigte eine Reaktion an, sollte Macron seine Pläne in die Tat umsetzen. »Die OVKS ist bereit, Russland zu helfen, wenn Europa Truppen in die Ukraine schickt«, sagte der OVKS-Vorsitzende Imangali Tasmagambetow der Tageszeitung »Iswestija«. Tasmagambetow erinnerte daran, dass nicht zum ersten Mal über europäische Soldaten für die Ukraine gesprochen werde. Dass diese noch nicht im Land seien, liege auch daran, dass sie »eine gefährliche Situation für die ganze Region schaffen« könnten. Wie genau die OVKS auf europäische Truppen reagieren will, ließ Tasmagambetow allerdings offen.
Istanbul als Ausgangspunkt von Verhandlungen
Parallel zu den gegenseitigen Drohungen laufen die Vorbereitungen für mögliche Verhandlungen über einen Waffenstillstand weiter. Russland und die USA seien diesbezüglich weiterhin in Kontakt. Neue Einzelheiten gebe es aber nicht, sagte Peskow am Freitag. Nur soviel: Russland betrachte weiterhin die Vereinbarungen von Istanbul, die kurz nach Kriegsbeginn zusammengefasst wurden, als Ausgangspunkt für Verhandlungen.
Auch der US-Sondergesandte Keith Kellogg sprach davon, die Istanbuler Verhandlungen als Ausgangspunkt zu nehmen. Allerdings, so Kellogg in einem Fernsehinterview, müsse man anschließend »etwas absolut Neues« ausarbeiten, in dem auch die Position der Ukraine stärker berücksichtigt wird. Insbesondere geht es um die damalige russische Forderung, die ukrainische Armee zu verkleinern. Dagegen spricht sich Selenskyj bis heute aus und weiß nun Kellogg in dieser Sache an seiner Seite.
Gespräche in Saudi-Arabien
Gemeinsam mit Präsidialamtschef Andrij Jermak und Verteidigungsminister Rustem Umerow reist Selenskyj kommende Woche nach Saudi-Arabien, um dort mit einer US-Delegation »über Rahmenbedingungen für ein Friedensabkommen und eine erste Waffenruhe« zu sprechen. Zuvor will sich der ukrainische Präsident mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen. Selenskyj unterstrich erneut die Entschlossenheit der Ukraine, ein Friedensabkommen zu verhandeln: »Die Ukraine arbeitet konstruktiv an einem schnellen und verlässlichen Frieden und wird es weiter tun.«
In Saudi-Arabien könnte auch das Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine unterzeichnet werden, ließ der ukrainische Regierungssprecher Heorhij Tychyj am Freitag durchblicken. Das Treffen sei ein guter Anlass, allerdings gebe es keinen Grund vorzupreschen, stattdessen solle man lieber schauen, wie sich die Ereignisse entwickeln, so Tychyj.
Kein neues Tauwetter zwischen Moskau und Washington
Seit dem Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus hatte es immer wieder Anzeichen der Annäherung zwischen den USA und Russland gegeben. Kritiker des US-Präsidenten meinten sogar, Trump rede mit der Sprache Wladimir Putins. Davon, dass der Kreml als Souffleur der Trump-Administration agiert, ist in diesen Tagen allerdings nicht viel zu spüren. Die USA seien im Moment kein befreundetes Land, sagte Kreml-Sprecher Peskow am Donnerstag. »Die USA sind ein Land, mit dem wir gerade versuchen, die bilateralen Beziehungen wiederzubeleben.«
Der US-Sondergesandte Kellog äußerte sich ähnlich. Die USA und Russland müssten ihre Beziehung neu starten, um den Konflikt in der Ukraine zu beenden. »Weitere Versuche, Russland zu isolieren und nicht zu reden, sind keine lebensfähige Strategie.« Zugleich brachte die US-Regierung neue Sanktionen gegen Russland ins Spiel, um Moskau an den Verhandlungstisch zu zwingen. In New York schlug Finanzminister Scott Bessent Maßnahmen gegen den russischen Energiesektor vor und warf Ex-Präsident Joe Biden vor, dieser habe entsprechende Sanktionen nicht erlassen wollen, weil er höhere Treibstoffpreise fürchtete. Eine Unterstützung der Ukraine ohne entsprechende Sanktionen sei jedoch sinnlos, so Bessent. Trump drohte am Freitag mit weitreichenden Maßnahmen gegen Moskau und forderte Russland und die Ukraine auf, endlich Verhandlungen zu beginnen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.