Grüner wird’s auch mit der neuen Bundesregierung nicht

Für mehr als ein »Stets bemüht« wird es in Sachen Öko und Klima nicht reichen, meint Christoph Ruf. Weder für die Grünen, noch für alle anderen

Katharina Dröge (l) und Britta Haßelmann, beide Ko-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.
Katharina Dröge (l) und Britta Haßelmann, beide Ko-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Es ist an dieser Stelle schon ebenso häufig wie lustvoll über die Grünen und ihr Milieu geschimpft worden. Und jedes Wort war hart erarbeitet. Aber nun, nach dem Ende der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen, muss zumindest in einem Punkt nachgebessert werden. Schließlich hatte die Ampel das Thema Ökologie zweimal nicht völlig vernachlässigt. Erstens: In ihren ersten Monaten. Und zweitens bei den Treibhausgas-Emissionen. Die wurden, außer im Verkehrssektor, zum Teil reduziert. Das lag nicht nur an politischen Maßnahmen, aber auch daran.

Dass die Grünen-Führung den Anspruch aufgab, den Leuten unangenehme Wahrheiten (und eine daraus folgende Politik) zuzumuten, nachdem Robert Habeck für sein schlampiges und unsozial gestaltetes Heizungsgesetz im Shitstorm stand, ist die eine Sache. Ins Koalitions-Zeugnis der Grünen darf man aber zumindest für die Anfangszeit der Ampel dennoch ein »Stets bemüht« schreiben. Im Wortsinn. Und in dem aus Zeugnissen: Nicht viel hinbekommen. Aber allein sich zu bemühen ist in Zeiten von Öko-Rambo Trump und seinen Fans schon löblich. Zumal, wenn man bedenkt, dass die FDP als parlamentarischer Arm der Klimaleugner in der gleichen Koalition saß.

Christoph Ruf

Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.

Schlimm ist jedoch, dass es die SPD bis zum heutigen Tag nicht geschafft hat, eine innere Haltung zu Umwelt- und Ressourcenschutz zu entwickeln. Was umso erstaunlicher ist, als sich viele ihrer Mitglieder seit Jahrzehnten umweltbewusst verhalten und Vordenker wie Erhard Eppler oder Hermann Scheer Sozis waren. Die beiden haben es geschafft und müssen die Konkursverwalter an der Parteispitze nicht mehr live erleben: Wenn Sozialdemokraten davon sprechen, »Ökologie und Ökonomie versöhnen« zu wollen – und das taten sie schon Ende der 80er – klingt das zwar gut. Aber bedauerlicherweise ist es eine reine rhetorische Figur: Versöhnt werden soll das »Weiter so« mit dem schlechten Gewissen. Etwa so, wie wenn man einem Insulinpflichtigen sagt, dass beides gehe: Diabetiker sein und jeden Abend drei Tafeln Schokolade essen.

Die SPD-Führung hat ein rein instrumentelles Verhältnis zur Ökologie, Friedrich Merz hat gar keins. Deshalb kann man sich genau vorstellen, wie die Koalitionsverhandlungen abliefen: Man redete tagelang darüber, welche Unsummen man denn nun genau in die Rüstung stecken wollte, ehe jemand von der SPD noch ein bisschen über Schulen, Brücken und Bahngleise referierte und ein paar Milliarden mehr für die Infrastruktur herausschlagen konnte. Dann noch eine abschließende Frage: Haben wir etwas vergessen? Zufriedene Blicke zwischen Esken und Merz, Klingbeil und Dobrindt. Nö.

Erst als klar war, dass die Grünen den Sondervermögen nicht zustimmen würden – und zwar nicht aus dem Grund, dass Anton Hofreiter-Strack-Zimmermann gerne noch mehr Raketen gehabt hätte – fiel der Groschen. Pariser Vertrag, Klimaschutzziele, das ganze Gedöns. Also könnte man doch einen Klima- und Transformationsfonds auflegen, damit die Grünen ihre kurzzeitige Renitenz aufgeben und das Herzensprojekt der gigantischen Aufrüstung durchwinken. Wäre das Herzensprojekt der Grünen die Förderung der Astrologie, sie hätten auch dafür 100 Milliarden bekommen. Und die SPD hätte künftig »die Versöhnung von Ökonomie und Astrologie« gepredigt.

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