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Dieser Weg wird kein leichter sein

In Camilla Guttners Spielfim »Die Akademie« muss sich eine Kunststudentin auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten beweisen

Künstler ohne Drang zur Egomanie haben es schwer, so könnte man eine flache These des Films zusammenfassen.
Künstler ohne Drang zur Egomanie haben es schwer, so könnte man eine flache These des Films zusammenfassen.

Wie es bei Künstlers so zugeht, ist ein beliebter Stoff in Funk und Fernsehen und natürlich auch im Film. Das hohe Sozialprestige, das Künstler, Schauspieler und Musiker in der Gesellschaft genießen, verführt viele Autoren dazu, Geschichten aus diesem Milieu zu erzählen. Dahinter steht die Verlockung des großen Dramas, denn am Ende sind Künstler ja auch nur Menschen – mit allen Charakterschwächen, die ein großes Ego so hervorbringt. Oft scheint es, dass ein übergroßes Ich geradezu Voraussetzung für eine erfolgreiche Künstlerlaufbahn ist. Zahllose verfilmte Künstlerbiografien legen davon Zeugnis ab.

Die gerade mal erwachsen gewordene Jojo (Maja Bons) möchte freilich erst noch Künstlerin werden und begibt sich zu diesem Zwecke in die titelgebende Akademie, wie die altehrwürdige Münchner Kunsthochschule kurz genannt wird. Die Hürden der Aufnahmeprüfung hat sie geschafft. Sie darf sogar die Klasse des berühmten Malers Robert Copley (Jean-Marc Barr) besuchen und dessen klugen Reden lauschen. Schon bald muss sie jedoch konstatieren, wie schwer und steinig der Weg ist, um als erfolgreiche Künstlerin durchzustarten. Wobei ein Gutteil des Weges darin besteht, sich gegen die anderen, ebenfalls sehr talentierten Mitkünstler durchzusetzen und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Wobei ein Gutteil des Weges darin besteht, sich gegen die anderen, ebenfalls sehr talentierten Mitkünstler durchzusetzen und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Missgunst, Konkurrenz, Intrigen und andere Machenschaften werden da schnell Teil des Geschäfts, und ein Geschäft ist die Kunst ja schließlich. Blöd nur, dass lediglich eine verschwindende Minderheit von ihrer Kunst am Ende auch leben kann. Wer das sein wird, hängt allzu oft von geschickter Netzwerkpflege oder dem eigenen Durchsetzungsvermögen ab. Oder auch davon, welche Kompromisse man einzugehen bereit ist. Talent jedenfalls hat Jojo jede Menge, wie ihr von maßgeblicher Stelle bescheinigt wird. Aber das Familienporträt einer reichen Münchner Familie, das ihr ein Gönner als Erstes Auftragswerk vermittelt, wird ein Fiasko. Zu ehrlich ist die malerische Familienaufstellung geraten.

»Die Akademie« ist unterhaltsames Kino, in dem wir den Künstler-Eleven bei ihrem Bohème-Leben und angestrengten Bemühen um Originalität und Einzigartigkeit zusehen. Gekonnt inszeniert und beeindruckend gespielt, geht der Film letztlich aber kaum über die Reproduktion von bekannten Klischees hinaus. Da ist der genialische Professor als Übervater, an dessen Urteil Wohl und Wehe der Künstlerkarriere hängt. Ein anderer Professor ist der Zyniker, der die Beliebigkeit und Warenförmigkeit der Kunst und des Kunstmarkts anprangert und doch Teil des Spiels ist. Als Kompensation lässt er seinen Frust an den Studenten aus, was in Zeiten, in denen viel von Achtsamkeit und wertschätzendem Umgang miteinander die Rede ist, gar nicht gut ankommt. Da ist die vermeintliche Freundin, die Jojo eiskalt verrät, als sie ihre eigene Chance wittert – und am Ende folgerichtig scheitern wird. Da ist der bereits gescheiterte und/oder verkannte Künstler, der als Faktotum im Keller der Akademie herumgeistert. Und da ist Jojo selbst, die als unschuldig strahlende Naive ankommt und erst allmählich die Gesetze der Kunstproduktion und deren Marktzwänge begreift. Am Ende des ersten Studienjahres wird sie gereift sein und nüchterner auf den Jahrmarkt der Eitelkeiten namens Kunsthochschule blicken.

Für ihre Rolle erhielt Maja Bons gerade erst den Bayerischen Filmpreis als beste Nachwuchsschauspielerin. Regisseurin und Autorin Camilla Guttner hat, wie zu erwarten war, einst selbst an der Münchner Kunstakademie studiert und eigene Erfahrungen verarbeitet. Allerdings scheint es eine Diskrepanz zwischen ihrem Blickwinkel und dem offiziellen Selbstbild der Akademie zu geben; im Abspann erfahren wir, dass sich die Hochschule von dem Film distanziert, da er »nicht das aktuelle Kunst- und Lehrverständnis der AdBK München zeigt«. Was genau der Hochschulleitung missfallen hat, bleibt Spekulation; als kritische Bestandsaufnahme des Kunstbetriebs mit all seinen Absurditäten und Fehlentwicklungen bleibt »Die Akademie« zu harmlos, um wirklich anzuecken.

»Die Akademie«: Deutschland 2024.
Regie: Camilla Guttner. Mit: Maja Bons, Luise Aschenbrenner, Jean-Marc Barr. 104 Min.
Start: 20. März.

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