Denk ich an Buchenwald …

Ulrich Schneider erinnert an das größte NS-Konzentrationslager auf deutschem Boden

  • Maria Krüger
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Denkmal von Fritz Cremer vor dem Glockenturm von Buchenwald
Das Denkmal von Fritz Cremer vor dem Glockenturm von Buchenwald

Wenn angesichts der großen Zahl von Veröffentlichungen zum Thema 80 Jahre nach dem Ende des Lagers ein neues Buch zur Geschichte des KZ Buchenwald vorgelegt wird, muss es schon etwas Neues darstellen. Und tatsächlich gelingt es dem Band von Ulrich Schneider, in kompakter Form die Geschichte bewusst aus der Perspektive der Überlebenden darzustellen, die als Zeitzeugen viele Jahrzehnte ihr Erleben selbst erzählt haben.

Immer wieder Bezug nehmend auf Häftlingsberichte werden der Aufbau des Lagers und der Alltag sowie die verschiedenen Phasen und der Funktionswandel von der Ausgrenzung »unsicherer Elemente« aus der »Volksgemeinschaft« bis zur »Vernichtung durch Arbeit« während des Krieges nachgezeichnet. Dazu gehören auch zwei Exkurse zu Mittelbau-Dora und die Schilderungen zu den Frauenaußenlagern, die im besonderen Maße in das System der Kriegsproduktion eingebunden waren.

Der Verfasser legt in seiner Darstellung Gewicht auf den Überlebenskampf und Widerstand der Häftlinge, der in Buchenwald mit der Schaffung eines internationalen Lagerkomitees und einer Militärorganisation eine Qualität erreichte, wie sie durchaus im Vergleich zu anderen NS-Haftstätten durchaus besonders war. Ohne falsche Heroisierung wird dennoch deutlich, wie hoch der Autor diesen Widerstand einschätzt. So lässt er keinen Zweifel daran, dass – den Berichten zahlreicher Überlebender folgend – der 11. April 1945 als Tag der Selbstbefreiung anzusehen ist, ohne die Rolle der alliierten Streitkräfte zu vergessen. Und er betont, dass die Häftlinge nicht nur für ihr Überleben gekämpft, sondern auch Überlegungen für einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn nach dem Ende des Faschismus formuliert haben. Dabei benennt er nicht nur den bekannten »Schwur von Buchenwald« vom 19. April 1945, sondern auch weitere Dokumente. Aus seiner Sicht sind es politische Vermächtnisse bis heute. 

Für heutige Leser*innen dürfte das Kapitel »Vom Umgang mit den Tätern« aufschlussreich sein, zeigt es doch die Ambivalenz der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen. Daran schließt auch der Schlussbeitrag an. Der Autor lässt noch einmal den Frankfurter jüdischen Kommunisten Emil Carlebach zu Wort kommen mit seiner Rede, die dieser anlässlich des 50. Jahrestages der Selbstbefreiung auf dem Appellplatz gehalten hat.

Das Buch »Buchenwald – ein Konzentrationslager« bietet eine Einführung in die Geschichte des KZ aus der Sicht der überlebenden Häftlinge. Aufgrund seiner Kompaktheit ist es für junge Menschen, historische Laien, aber auch pädagogisch mit dem Thema Verbundene geeignet. Und auch die Vorbereitung eines Gedenkstättenbesuchs.

Ulrich Schneider: Buchenwald – ein Konzentrationslager. Papyrossa, 142 S., br., 12 €.

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