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Josephine Baker: Da war mehr als nur das Bananenröckchen
Widerstand: Die beeindruckende Lebensgeschichte der berühmtesten schwarzen Sängerin und Tänzerin – Josephine Baker
Vor 50 Jahren, am 8. April 1975, stand sie ein letztes Mal auf der Bühne: Josephine Baker, damals 69 Jahre. Vier Tage später erlag sie den Folgen eines Schlaganfalls. Jetzt endlich sind ihre Memoiren auf Deutsch erschienen, versehen mit einem Nachwort von Mona Horncastle, Kuratorin der großartigen Ausstellung über die legendäre afroamerikanische Tänzerin und Sängerin im vergangenen Jahr in der Neuen Nationalgalerie in Berlin, und einem Vorwort ihres Adoptivsohns Jean-Claude Bouillon-Baker, der an den Einzug der sterblichen Überreste seiner Mutter 2021 in den Panthéon in Paris erinnert, zu ihrer neuen, ewigen Ruhestätte: »Die französische Nation ehrte sie und stellte sie damit den großen Wohltätern der Allgemeinheit gleich.«
Als Freda Josephine McDonald 1906 in St. Louis (Missouri) als uneheliches Kind einer afroamerikanischen Waschfrau und eines jüdischen Schlagzeugers geboren, verbrachte ihre Kindheit in ärmlichsten Verhältnissen. Ihr Vater trennte sich ein Jahr nach ihrer Geburt von der Familie. Josephine erinnert sich an ihre Spiele, an ihre Verkleidungen, an ihre Tierliebe und an ihren frühen Freiheitsdrang. Daraus ergab sich auf wundersame Weise ein erstes Engagement in New York, dem eine »Berufung« nach Paris folgte. Die Stadt an der Seine wurde ihr Lebensmittelpunkt, 1937 wurde sie Französin. Ihren Einsatz in der Résistance und in den Forces françaises libres, der französischen Widerstandsbewegung gegen die Nazi-Okkupation, verstand sie als selbstverständlichen Dank an ihre neue Heimat, in der ihr nicht rassistische Intoleranz wie in ihrem Geburtsland entgegenschlug. Von Präsident Charles de Gaulle erhielt sie das Lothringerkreuz für ihren Einsatz als Offizierin der Luftwaffe des »Freien Frankreich«.
Den größten Teil ihrer Erinnerungen nimmt ihr kometenhafter Aufstieg in Paris zum Star der großen Revuen und bald auch eines eigenen Cabarets ein. Sie lässt ihre Erfolge aufleben, ohne selbstverliebt darin zu schwelgen, und berichtet zwischendurch von den kulinarischen Gerichten, die sie gern zubereitet, denn: »Ich habe unstillbaren Appetit.«
Josephine bringt den Charleston nach Europa, wird bald über die Grenzen Frankreichs hinaus zum Weltstar. Vor allem, aber nicht nur durch das Bananenröckchen um ihre Hüften, von ihr bewusst gewählt, um Rassisten den Spiegel vorzuhalten. Sie bereist viele europäische Staaten, feiert überall Triumphe. In Berlin hetzt der braune Mob gegen sie. Aber Max Reinhard versucht, sie an das deutsche Theater zu binden. Ihr Auftritt in München wird polizeilich untersagt. In Wien läuten sämtliche Glocken bei ihrer Ankunft – nicht zur Begrüßung, sondern um die Gläubigen vor ihr zu warnen. Auch in Schweden gibt es Proteste, bis der König sie empfängt. Letztlich gelten lange Zeit ihr Tanz und ihre Hautfarbe als »anstößig« – Rassismus überall. Am schlimmsten in den USA, wie sie auf einer Tournee erleben muss. »No Jews, no dogs, no niggers«, liest Josephine auf Schildern an Lokalen und in Parks. Sie ist heilfroh, als sie wieder in ihrem Paris sein kann.
Josephine Baker: Tanzen, Singen Freiheit. Memoiren. A. d. Franz. v. Sabine Reinhardus und Elsbeth Rank. Reclam, 281 S., geb., 26 €.
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