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Faschismus: Furchtbar fruchtbar
Wolfgang Hübner über die alte neue Gefahr von rechts
Zwei Nachrichten aus diesen Tagen: In der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen – eines der mehr als 50 000 Todesopfer im vormaligen Nazi-KZ war Anne Frank –grölt eine Gruppe von Gymnasiasten den Rassistenhit »Ausländer raus!«. Und: In bundesweiten Umfragen steht die AfD erstmals gleichauf mit der Union, teils sogar knapp davor auf Platz 1. Das gehört zum politischen Rahmen, in dem sich an diesem Freitag die Befreiung und Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald zum 80. Mal jährt.
KZ-Gedenkstätten sind immer wieder ein Kampfplatz für Geschichtsrevisionisten. Neuer Faschismus und eine offenbar nie aussterbende Gedankenlosigkeit gehen dabei Hand in Hand. Ausgerechnet in Thüringen, wo mit Buchenwald eins der berüchtigtsten KZ stand, erfährt die AfD die größte Zustimmung. Eine AfD, deren Landesvorsitzender Höcke in der Gedenkstätte Hausverbot erhielt.
Nie seit dem Ende der NS-Diktatur waren in Deutschland Neofaschisten und Rechtsextremisten einflussreicher, nie waren sie näher dran an einer neuen Machtergreifung. Die AfD will Geschichte schönfärben; in ihrem Wahlprogramm hieß es, Erinnerungskultur dürfe sich »nicht nur auf die Tiefpunkte unserer Geschichte konzentrieren, sie muss auch die Höhepunkte im Blick haben«. Der Ehrenvorsitzende Gauland sagte es ganz unverblümt, als er die NS-Zeit einen »Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte« nannte. »Der Schoß ist fruchtbar noch«, wusste schon Brecht.
Als CDU-Vorsitzender wollte Friedrich Merz die AfD halbieren. Als angehender Kanzler rühmt er sich, in der Migrationspolitik mit seinen künftigen Koalitionspartnern Verschärfungen vereinbart zu haben, die weit über das hinausgehen, was er im Januar mit den Stimmen der AfD durchsetzen wollte. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Buchenwald-Gedenkens ist das eine makabre Pointe.
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