Überfall bestärkt im Protest gegen Neonazis

Teilnehmer an Dresden-Demonstration: Polizei verfolgte Täter erst auf unseren Rat hin

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach den Demonstrationen gegen den Neonazi-Marsch in Dresden kam es auf der Heimfahrt am Sonntag zu mindestens einem Überfall auf Antifaschisten. Michael Mager war dabei, als Neonazis an der A 4-Raststätte Teufelstal bei Jena zuschlugen.
Michael Mager, Kreistagsmitglied der LINKEN im hessischen Schwalm-Eder-Kreis, war Zeuge.
Michael Mager, Kreistagsmitglied der LINKEN im hessischen Schwalm-Eder-Kreis, war Zeuge.

ND: Wie hat sich der Überfall abgespielt?

Michael Mager: Wir waren in zwei Bussen des DGB Nordhessen nach Dresden gereist und legten auf der Rückreise gegen 19.30 Uhr am Rasthof Teufelstal eine Pause ein. Als wir ausgestiegen waren, kamen die Faschisten aus einem anderen Bus auf uns zugerannt und wollten uns angreifen. Wir flüchteten in unseren Bus und wehrten uns mit Flaschen, bis die Türen zu waren. Unser Bus fuhr zirka 150 Meter weiter und wartete auf die anderen Kollegen, die noch im Rasthof waren. Als sie herausgekommen waren, wurden sie von einer Gruppe Faschisten wahllos mit Fäusten und Fußtritten angegriffen. Den letzten Kollegen haben sie von der Bustür weg gezerrt und auf ihn eingetreten, bis er regungslos dalag. Danach sind sie abgezogen.

Wie schnell war die Polizei da?

Mehrere haben die Polizei per Handy herbeigerufen. Als die Lage vor unserem Bus eskalierte und noch kein Polizist da war, rief ich nochmal den Polizeinotruf an und wies auf die Gefahr hin. Die Antwort war nur »Die Kollegen kommen«, dann hat der Polizeibeamte aufgelegt. Einige Minuten später war ein Streifenwagen da. Der hat zunächst hinter dem Bus der Faschos gewartet, und als dieser wegfuhr, kamen die Polizisten zu uns. Erst auf unseren Rat hin sind die Polizisten dem Bus nachgefahren, um die Personalien der Insassen festzustellen. Zwei weitere Streifenwagen kamen. Die Beamten vernahmen uns.

Was ist aus dem schwer verletzten Kollegen geworden?

Der Kollege von der IG BAU war nicht bewusstlos, wir haben ihn in den Bus gebracht, bis der Krankenwagen da war. Er liegt jetzt in Jena im Krankenhaus und sollte wegen einer Schädelfraktur operiert werden. Die Leichtverletzten sind weiter mitgefahren. Wir waren anschließend alle sehr gedrückt und aufgewühlt. Unser Bus hatte Kollegen aus Eisenach, Bad Hersfeld und Schwalmstadt an Bord; wir fuhren dort zur Sicherheit andere als die geplanten Haltepunkte an.

Ein Erlebnis, nach dem man grübeln kann, ob es richtig war, nach Dresden zu fahren, oder?

Ich habe schon in Dresden erlebt, wie die Polizei sehr brutal gegen Demonstranten vorgegangen ist und Tränengas wie auch Pfefferbomben gegen Antifaschisten eingesetzt hat. Ich würde trotzdem wieder demonstrieren und lasse mich weder von der Polizei noch von den Faschisten selber davon abhalten. Dass der hessische DGB jetzt ein Verbot der NPD fordert, finde ich absolut richtig.

Sie haben auch zu Hause mit einer aktiven Neonazi-Szene zu tun.

Hier im Kreis gab es im letzten Juli den Überfall auf ein Sommercamp der Linksjugend Solid, bei dem eine 13-Jährige schwer verletzt wurde. Dahinter stecken die »Freien Kräfte Schwalm-Eder«, die wieder frecher werden. Letzten Freitag wurde ein Kollege auf dem Heimweg von einer Gaststätte von Faschisten abgefangen und zusammengeschlagen. Das hat ihn eher bestärkt, nach Dresden mitzufahren.

Fragen: Hans-Gerd Öfinger

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