Von Schulobst bis Erbrecht

Länderkammer billigte kurz vor der Bundestagswahl Reihe von Gesetzen

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Der Bundesrat hat am Freitag den Begleitgesetzen zum Vertrag von Lissabon zugestimmt. Damit hat die EU-Reform in Deutschland die letzte Hürde genommen. Bei seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl ließ der Bundesrat auch das Schulobstprogramm passieren und billigte weitere Gesetze. Die wichtigsten Beschlüsse:

ERNÄHRUNG: Tausende Schüler bekommen auch in Deutschland kostenloses Obst. Der Bundesrat ließ das Schulobstprogramm der EU nach langem Streit passieren. Die Länder sollen die EU-Mittel von 20 Millionen Euro mit rund 18 Millionen Euro mitfinanzieren. Bisher wollten sie, dass der Bund die Kosten trägt.

JUSTIZ: Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat die sogenannten Kriegsverräter der Wehrmacht aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs rehabilitiert. Entsprechende NS-Unrechtsurteile werden pauschal aufgehoben. Der Anstoß für die Rehabilitierung ging von der Linksfraktion im Bundestag aus.

ERBRECHT: Für Erbschaften gelten von 2010 an neue Regeln. Mit der Reform des mehr als 100 Jahre alten Erbrechts soll der Wille der Erblasser gestärkt werden. Die Pflege von Eltern und Großeltern wird besser honoriert, die Fristen für die Verjährung von Ansprüchen werden verkürzt.

EU-BEGLEITGESETZE: Wenn in der EU Abstimmungsregeln geändert werden – also beispielsweise Deutschland sein Veto-Recht verliert – oder die EU neue Zuständigkeiten bekommt, dann darf das mit den vom Bundesrat gebilligten Gesetzen nicht mehr ohne die Zustimmung des Bundestags geschehen. In anderen Bereichen muss der Bundestag künftig umfassender und früher über EU-Rechtsetzung informiert werden.

VEREINE: Ehrenamtliche Vereinsvorstände müssen künftig keine hohen Schadenersatzforderungen mehr befürchten. Die von den Ländern initiierte Beschränkung des Haftungsrisikos will die ehrenamtliche Tätigkeit fördern.

STEUERN: Bürger und Unternehmen müssen von 2010 an für ihre Konten und Geschäfte in einer Steueroase erheblich mehr steuerliche Nachweise erbringen. Die vom Bundesrat gebilligte Verordnung der Bundesregierung setzt das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz in die Praxis um. Der Staat verschärft damit massiv seinen Kampf gegen Steuerflucht und Steuerbetrug.

LEBENSMITTEL: Die Verbraucher sollen Käse- und Schinkenimitate in Lebensmitteln besser erkennen. Falscher Käse oder Schinken soll auf der Vorderseite eines Produkts klar gekennzeichnet werden. Auch bei loser Ware wie Pizza oder überbackenen Laugenstangen sollen sie kenntlich gemacht werden.

UNTERNEHMEN: Überschuldete Unternehmen müssen weiterhin keine Insolvenz anmelden, wenn sie sehr wahrscheinlich weitergeführt werden. Die geänderte Insolvenzordnung will die Sanierung von Unternehmen erleichtern. Die bis 31. Dezember 2010 befristete Regelung wird nun bis Ende 2013 verlängert.

FLUGVERKEHR: Lockangebote mit falschen Angaben kommen Luftfahrt-Unternehmen sowie Reiseveranstalter und -vermittler künftig teuer zu stehen. Bis zu 25 000 Euro Bußgeld droht denjenigen, die Kunden mit undurchsichtiger Preisgestaltung täuschen. Neben dem Endpreis müssen auch Steuern, Flughafengebühren sowie die sonstigen Zuschläge und Entgelte gesondert ausgewiesen werden.

GESUNDHEIT: Hebammen können künftig auch eine akademische Ausbildung erhalten. Die Länder können für Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten probeweise eine universitäre Ausbildung einführen.

dpa/AFP

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