PLATTENBAU

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 3 Min.

Jimi Hendrix, der wohl phänomenalste und einflussreichste Rock-Gitarrist, war teils afroamerikanischer, teils indianischer Abstammung. Trotzdem überbrückte er die Rassenschranken, ja, die überwiegende Mehrheit seiner Fans war sogar weiß. Allerdings gab es auch weiße Kritiker und Fans, die seine Show-Einlagen nicht mochten: Hendrix riss die Saiten mit den Zähnen an, malträtierte sie mit dem Ellbogen, fuhr mit der Zunge über den Steg oder zertrümmerte gar die Gitarre. Manche Afroamerikaner kritisierten, dass er offenbar dem weißen Stereotyp eines schwarzen Sexprotzes genügen wollte. Außerdem äußerte er sich in seinen Texten nicht und in seinen Interviews kaum zu den anhaltenden Bürgerrechtskämpfen der Schwarzen. Andere – wie Vernon Reid von der Band »Living Colour« – nehmen ihn vehement in Schutz: »Hendrix verkörperte – mit seiner bloßen Anwesenheit – die Bewegung, ohne dass er die Faust in die Höhe recken musste.« Mit kriegskritischen Stücken wie »Machine Gun« oder der in Woodstock total verzerrten USA-Nationalhymne, so Vernon Reid, sagte er mehr aus als mit allen Worten. Seine Musik war einfach der Soundtrack der damaligen Zeit.

2010 jährt sich Hendrix’ Tod zum 40. Mal (nachdem er reichlich Alkohol sowie Schlaftabletten zu sich genommen hatte, erstickte er 27-Jährig an seinem Erbrochenen). Aus diesem Anlass ist jetzt das Album »Valleys of Neptune« erschienen – das erste Album mit zuvor unveröffentlichten Studioaufnahmen von Hendrix in einer Dekade. Nachdem zu Jimis Lebzeiten drei Studioalben erschienen sind, ist »Valleys of Neptune« nun der achte posthum veröffentlichte Studio-Longplayer – und einer der ambitioniertesten.

Das Doppelalbum »Electric Ladyland« von 1968, seine letzte zu Lebzeiten veröffentlichte Studioplatte, hatte ihn zu einem der größten Rockstars der Welt katapultiert. Doch er fühlte sich danach durch seine bisherige Band The Experience mit dem weißen Bassisten Noel Redding (mit dem er sich immer weniger verstand) und dem weißen Drummer Mitch Mitchell eingeengt. Er wollte neue Klänge und Stile ausprobieren, auch mit einem neuen Studio, das aber erst 1970 fertig wurde.

So sind fast alle Aufnahmen von »Valleys of Neptune« in den ersten Monaten von 1969 in den Londoner Olympic Studios und dann im New Yorker Record Plant entstanden. Im letzteren nahm er die allerletzten Studioaufnahmen mit The Experience auf (zwei Songs wurden erst 1987, lange nach Jimis Tod, von Redding und Mitchell vervollständigt). Dann holte er seinen alten Armeekumpel, den schwarzen Bassisten Billy Cox, und spielte mit ihm und Mitchell weitere Songs ein, die ebenfalls auf dem nunmehrigen Album versammelt sind. »Valleys of Neptune« glänzt mit einer erlesenen Songauswahl, u.a. dem »Cream«-Cover »Sunshine Of Your Love«, dem Elmore-James-Klassiker »Bleeding Heart« sowie den exzellenten Hendrix-Kompositionen »Ships Passing Through The Night« und »Lover Man«. Desweiteren sind gelungene Neuarrangements der Songs »Red House«, »Fire« und »Stone Free« enthalten.

Jimi Hendrix: Valleys of Neptune (Sony Music)

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