Sehnsucht Frieden

Handbuch der DDR-Außenpolitik

  • Franz-Karl Hitze
  • Lesedauer: 3 Min.

Den drei Herausgebern sei gedankt. Es ist ihnen ein großer Wurf gelungen. Mit dem nunmehr vorliegenden dritten Band zur Außenpolitik der DDR ist eine einmalige Dokumentation auf dem Buchmarkt, die international keine vergleichbare Publikation kennt. 18 Akteure aus dem diplomatischen Dienst des ostdeutschen Staates wagten einen Rückblick auf die Außenpolitik der DDR von Anbeginn bis zu deren Ende.

Hatte sich der erste Band (2004) vorrangig mit Grundfragen auswärtiger Politik befasst, so konzentrierte sich der zweite Band (2006) auf die Beziehungen der DDR zu den Ländern Ost- und Südosteuropas, zu afrikanischen Staaten und nationalen Befreiungsbewegungen sowie auf die Mitarbeit in der UNO. Das Hauptaugenmerk des dritten Bandes gilt nun dem letzten Jahr der DDR. Dementsprechend unternimmt Siegfried Bock eingangs den Versuch einer Bilanz, »wie die DDR ihrem Gründungsanspruch, ein würdiges und nützliches Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft zu sein, gerecht wurde«.

DDR-Außenpolitik 1989/90 beschreibt Ingrid Muth. Hermann Schwiesau untersucht die Haltung der sozialistischen Nachbarn zur DDR in der Wendezeit. Hans Voß rekonstruiert die Zwei-plus-Vier-Gespräche, Werner Fleck weiß um Sorgen im Westen um die Sicherheit in Europa angesichts eines vereinten, größeren Deutschlands, Karl Seidel rekonstruiert die damaligen Beziehungen zwischen der DDR und der BRD und Ernst Krabatsch befasst sich mit der »Achillesferse Nationale Frage«. Zum Band gehört eine umfangreiche Zeittafel staatlicher Aktivitäten der DDR im Ausland, auch auf dem Gebiet der Außenwirtschaft, der Kultur und Wissenschaft sowie des Sports. Eine tabellarische Übersicht über die Auslandsvertretungen der DDR sowie 338 Kurzbiografien von Ministern, Staatssekretären und Botschaftern komplettieren den Band. Die biografischen Skizzen verdeutlichen, dass sich viele DDR-Diplomaten der ersten Stunde aus dem antifaschistischen Widerstand 1933 bis 1945 rekrutierten, KZ oder Exil hinter sich hatten – ganz im Gegensatz zu ihren Kollegen vom Bonner Auswärtigen Amt (AA).

Es ist nicht nur den Herausgebern hoch anzurechnen, dass eine solch akribische und solide Arbeit vorliegt, trotz der Sperrfrist für Personalakten im AA. Ohne die Mithilfe zahlreicher ehemaliger Kolleginnen und Kollegen aus dem MfAA und dem Verband für Internationale Politik und Völkerrecht wäre diese Zusammenstellung wohl kaum möglich gewesen. Erwähnt sei hier noch das den Buchtitel schmückende Gemälde von Bert Heller (1912-1970). Inspiriert von den Zeilen der DDR-Nationalhymne »Alle Welt sehnt sich nach Frieden, reicht den Völkern Eure Hand« hatte er ein Wandbild für den Weißen Salon, den Empfangsraum in der Ministeretage des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR (MfAA), geschaffen. 1995 hatten es die neuen Machthaber in Berlin mit dem Abriss des Gebäudes an exklusivem Ort Unter den Linden rücksichtslos zerstören lassen.

Siegfried Bock/Ingrid Muth/Hermann Schwiesau (Hg.): DDR-Außenpolitik – ein Überblick. LIT-Verlag, Berlin. 368 S., br., 24,90 €.

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