Bundesregierung zeigt sich gnädig
Deutschland wird 50 iranische Flüchtlinge aufnehmen / 12 von ihnen sind bereits eingereist
Die Bilder der Proteste in Teheran gegen die Regierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad gingen vor etwa einem Jahr um die Welt. Das Vorgehen der Behörden Irans gegen die Opposition löste besonders in der westlichen Hemisphäre Entsetzen aus – und führte zu einer breiten Solidarität mit der Protestbewegung. Die Massenproteste, bei denen mehrere Menschen zu Tode kamen, haben nun in Deutschland ein politisches Nachspiel: Die Bundesregierung wird 50 iranischen »Dissidenten« Asyl gewähren. Zwölf von ihnen, so schreibt der »Spiegel«, seien bereits eingereist.
Zwischen 2000 und 4000 iranische Regierungskritiker sollen in das Nachbarland Türkei geflohen sein. Der überwiegende Teil von ihnen nach dem Ende der Demonstrationen im vergangenen Jahr. Sie warten nun auf eine Ausreise in einen Drittstaat. Ihre Rückkehr nach Iran scheint nicht möglich: Nach Auskunft von Hajo Funke, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, seien sie dort »schwerster Folter« ausgesetzt gewesen. Auch in der Türkei können sie offenbar nicht bleiben. Dort seien sie vor dem iranischen Geheimdienst nicht sicher, so Funke weiter. Bernd Mesovic von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sagte auf ND-Nachfrage, dass iranische Flüchtlinge in der Türkei sich durch den Geheimdienst bedroht fühlten.
Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) hat die Iraner, die nach Deutschland einreisen werden, bereits als Flüchtlinge anerkannt. Deutschland akzeptiert diese Anerkennung und räumt ihnen eine Aufenthaltsrecht ein. Dadurch bleibt den Flüchtlingen ein langwieriges Asylverfahren erspart.
Ursprünglich wollte die Bundesregierung zwischen 10 und 20 Flüchtlinge aus Iran aufnehmen. Möglicherweise aber sah man sich unter Zugzwang, mehr Menschen Asyl zu gewähren. Denn das deutsche Engagement ist dürftig: Norwegen wird beispielsweise 150 Iraner aus der Türkei aufnehmen. Auch Kanada wird voraussichtlich ein großes Kontingent unterbringen.
Die Iraner werden nun auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Das Bundesinnenministerium bestätigte gegenüber ND, dass Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen bereit seien, Iraner unterzubringen. Am Dienstag wurde bekannt, dass Thüringen im September ein oder zwei Flüchtlinge Aufnahme gewähren wird.
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