Türöffner im Erzgebirge
Seit 1991 hat der Crottendorfer Hersteller von Beschlagsystemen die Mitarbeiterzahl verfünffacht
Crottendorf. Um Türgriffe muss sich die Gemeinde Crottendorf keine Sorgen machen. Der mit derzeit 561 Mitarbeitern größte private Arbeitgeber im Oberen Erzgebirge, die Firma Hoppe, ist in Europa die Nummer 1 unter den Herstellern von Beschlagsystemen für Türen und Fenster. Und Firmengründer Friedrich Hoppe hatte Bürgermeister Bernd Reinhold (parteilos) vor Jahren in die Hand versprochen, dass alle öffentlichen Einrichtungen mit Türgriffen ausgestattet werden – »in einer schwachen Minute«, sagt Firmenchef Wolf Hoppe im Scherz. Aber natürlich hält er sich bis heute an das Angebot seines Vaters.
1400 Grundvarianten
Auch per Handschlag hatte sein Vater in den Anfangsjahren die Mitarbeiter-Verträge besiegelt – »aber das hat sich geändert«, sagt Hoppe. Er verweist auf Probleme mit Plagiaten, die dem Markenartikel-Anbieter zusetzen. Hoppe, vom 1952 in Westdeutschland gegründeten Familienbetrieb inzwischen zu einer Firmengruppe mit weltweit 2600 Beschäftigten ausgewachsen, sei ein lohnendes Ziel für Nachahmer. Zu den innovativen Entwicklungen gehört etwa ein Schnellstift, der bei der Montage des Türgriffs Werkzeug und Innensechskantschraube überflüssig macht und damit zu einer beträchtlichen Zeitersparnis führt.
»Wir sind hundertprozentig abhängig von der Baubranche«, sagt Hoppe. Weil die immer mehr Vielfalt verlange, werden heute immer weniger Türgriffe in Großserie produziert. Allein in Crottendorf werden etwa 1400 verschiedene Grundvarianten aus Aluminium gefertigt. Schon vor der Wende waren hier Baubeschläge produziert worden – wenn auch mit deutlich einfacherer Technik.
Die Fachkenntnisse der Crottendorfer waren mit ausschlaggebend dafür, dass sich Firmengründer Friedrich Hoppe aus Hessen für die Ansiedlung im Erzgebirge entschied. »Das war uns wichtiger als zum Beispiel die nächste Autobahnabfahrt vor der Haustür oder der Flughafen in zehn Kilometer Entfernung«, erinnert sich der Sohn, der häufiger zwischen dem hessischen Produktionsstandort Stadtallendorf und Crottendorf pendeln muss – 360 Kilometer Straße. In Crottendorf steht das mit 31 000 Quadratmetern Nutzfläche größte Hoppe-Werk, in das die Firma nach eigenen Angaben stolze 77 Millionen Euro gesteckt hat – weil es sich lohnt. In den hessischen Stammwerken sei wegen Crottendorf aber kein einziger Arbeitsplatz verloren gegangen, betont Hoppe.
In Crottendorf hat sich die Zahl der Mitarbeiter seit der Übernahme des Betriebs durch Hoppe im Juli 1991 mehr als verfünffacht. Schon damals dabei war der heutige Betriebsratschef Wolf-Dieter Langer. Er versichert, dass sich die Beschäftigten mit der Firma identifizierten: »Die Fluktuation der Mitarbeiter ist gering.« Für den Nachwuchs sorgt das Unternehmen selbst: 167 Lehrlinge haben bisher die Ausbildung in Crottendorf durchlaufen, 160 davon wurden übernommen, hieß es. Derzeit gibt es 29 Lehrlinge.
Enge Bindung an Gemeinde
Firmenchef Hoppe spricht lieber von »Mitarbeiterschaft« statt von Belegschaft: »Bei uns liegt doch keiner rum.« Auch »Manager« hört er nicht gern: »Sachen werden gemanagt, Menschen werden geführt.« Wert legt der 58-Jährige auch auf eine enge Bindung zur Gemeinde. Crottendorfs Bürgermeister Reinhold hatte bereits die zähen Verhandlungen mit der Treuhand miterlebt, nun nimmt er wie selbstverständlich als Gasthörer an den Betriebsversammlungen teil.
Die Ansiedlung der Firma in dem heute etwa 4400 Einwohner zählenden Ort nennt Reinhold einen »Lottogewinn für die ganze Region« und ein »Musterbeispiel für den Aufbau Ost«. Und dabei denkt der Bürgermeister nicht an die kostenlosen Türgriffe, sondern an die Arbeitsplätze: In Crottendorf liegt die Arbeitslosenquote bei unter zehn Prozent.
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