Merkel riskiert Politik-GAU

Atomlobby triumphiert: Schwarz-gelbes Kabinett beschließt Laufzeitverlängerung für AKW

Ungeachtet breiter Proteste in der Bevölkerung und massiver Kritik der Opposition hat die Bundesregierung die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken abgesegnet.

Das Bundeskabinett hat am Dienstag das schwarz-gelbe Energiekonzept beschlossen. Es enthält Leitlinien zur künftigen Energieversorgung in Deutschland. Eine der wenigen konkreten Maßnahmen ist die Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Nach dem Willen von Union und FDP sollen die 17 Atomkraftwerke 8 bzw. 14 Jahre länger laufen. Damit würde der letzte Meiler womöglich erst 2050 vom Netz gehen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach von einem »Meilenstein in der Wirtschaftsgeschichte unseres Landes«.

Wie die erneuerbaren Energien ausgebaut werden sollen, bleibt in dem Konzept indes unkonkret. Offenbar wegen der breiten öffentlichen Kritik hat die Regierung nun auch ein Sofortprogramm angekündigt, mit dem der Bau von Offshore-Windparks gefördert werden soll. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) beinhaltet es ein Kreditprogramm der Staatsbank KfW im Volumen von rund fünf Milliarden Euro. Schönheitsfehler: Wegen des hohen Kapitalbedarfs sind hier vor allem die großen Energiekonzerne aktiv, die auch die Atomkraftwerke betreiben.

Die Opposition, die bereits Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt hatte, übte erneut scharfe Kritik. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: »Wenn der Atomstrom weiter läuft, dann können sie erneuerbare Energien nicht fördern, weil sie den Strom gar nicht ins Netz kriegen.« Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht die Ökostrombranche mit vielen Jobs in Gefahr. Die Grünen würden den Kniefall vor der Atomlobby sofort rückgängig machen, wenn sie wieder an der Macht seien. Linksfraktionschef Gregor Gysi erklärte, wer AKW-Laufzeiten verlängert und neue Kohlekraftwerke bauen will, »sichert die Vormachtstellung des marktbeherrschenden Energieoligopols auf Kosten von Kommunen, Stadtwerken, der Branche der Erneuerbaren und vor allem der Bürger und Unternehmen«.

Begleitet wurde der Kabinettsbeschluss von weiteren Protesten: Rund 300 Atomkraftgegner versammelten sich vor dem Kanzleramt. Eine Merkel-Puppe zerstörte dort mit einer Atom-Kettensäge ein fünf Meter hohes Windrad-Modell. »Bundeskanzlerin Merkel gefährdet mit ihrem Atomdeal das rasante Wachstum der erneuerbaren Energien, nur um den Stromkonzernen Milliardengewinne in die Kassen zu spülen«, sagte Christoph Bautz, Geschäftsführer der Initiative Campact. In den kommenden Wochen sind weitere Protestaktionen angekündigt.

Derweil belegt ein aktuelles Gutachten des Darmstädter Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Sicherheitsrisiken älterer Atommeiler. Im hessischen AKW Biblis B wurden 80 besonders gefährliche Sicherheitsdefizite im Bereich der Störfallauslösung bzw. der Störfallbeherrschung ermittelt.

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