Türen, um sie zu öffnen
Frankfurter Buchmesse: eine Begegnung mit Barack Obamas Schwester
Sie weiß, dass sich die große Aufmerksamkeit, die ihr auch auf der Buchmesse zu teil wird, maßgeblich ihrem Bruder verdankt, dem »mächtigsten Mann der Welt«: Barack Hussein Obama. »Seitdem mein Bruder ins Zentrum der Weltpolitik gerückt und zu einem Phänomen geworden ist, verunsichert mich das Interesse an meiner Person«, bekennt sie. Es ist indes keinerlei Verunsicherung bei ihrem Auftritt auf der Buchmesse zu bemerken. Eine starke, selbstbewusste, attraktive afrikanische Frau, die weiß, was sie sagt und will.
Auma Obama hat ein Buch geschrieben. Über ihr Leben zwischen den Welten. Sie wusste, sie musste ihre Worte mit Bedacht wählen, um nicht Munition zu liefern für die sich mehrenden und zunehmend lautstärker agierenden Kritiker des 44. Präsidenten der USA, der so hoffnungsvoll angetreten ist und bislang nur wenige Hoffnungen erfüllte. Über die innenpolitischen Schwierigkeiten, in denen ihr Bruder steckt, will sie sich nicht näher äußern.
Die Schwester ist eigentlich eine Halbschwester. In afrikanischen Familien, so erfährt man, wird jedoch kein Unterschied gemacht zwischen Geschwistern von verschiedenen Müttern und Vätern. Vater Barack Hussein Obama gehört zum Volk der Luo, einer von über 40 in Kenia lebenden Ethnien, in der Polygamie gang und gäbe ist. »Alle Geschwister sind gleich. Und auch wenn wir jahrelang getrennt lebten, so sind wir uns doch nah«, betont sie.
Diese Nähe habe sie auch bei ihrer ersten Begegnung mit Bruder Barack 1984 gespürt, damals in Chicago, als der Jura-Absolvent sich erstmal sozial engagierte, ehe er in die Politik einstieg. Verblüfft habe sie festgestellt, dass der Bruder die gleiche kleine, saubere Schrift pflegt wie der gemeinsame Vater. Und dass er ebenso lange, dünne Finger, »Klavierspielerhände«, habe wie sie.
Sie selbst ist, kaum vollmündig geworden, der Heimat entflohen. Weil sie sich nicht – wie es die Tradition verlangt – einem Mann unterwerfen wollte. »Je älter ich wurde, desto stärker sehnte ich mich nach einem Ort, an dem ich einfach ich selbst sein konnte.«
Die junge Frau ging nach Deutschland, weil sie sich in die deutsche Sprache und Literatur verliebt hatte. Ihre Deutschlehrerin an der Kenya High School in Nairobi war eine DDR-Bürgerin, die einen Kenianer geheiratet hatte. »Ich verschlang Heinrich Böll, Günter Grass, Wolfgang Borchert und bewunderte Christa Wolf. Die Protagonisten dieser Autoren fühlten intensiv, und ich fühlte mit ihnen.«
Auma Obama studierte Anfang der 80er Jahre in Frankfurt am Main Germanistik und blieb 16 Jahre in Deutschland. In ihrem Buch berichtet sie über ihre Erfahrungen als Afrikanerin in diesem Land, und das waren nicht nur gute. Eine Liebe ging zu Bruch. Den Eltern ihres Freundes Karl war »die Schwarze« peinlich. Heidelberger Provinz.
Auma Obama lebt heute mit ihrer Tochter »und meiner großen Liebe« in Kenia, entwickelt Projekte für Kinder und Jugendliche, klärt auf über die Gefahr von HIV und die Notwendigkeit von gesunder Ernährung und Sport, vor allem aber über die Bedeutung von Bildung als Schlüssel fürs Leben. »Für mich hat sich eine Tür geöffnet, und auch ich will für andere Türen öffnen«, sagt die Schwester von Barack Obama.
Auma Obama: Das Leben kommt immer dazwischen. Stationen einer Reise. Lübbe Verlag. 317 S., geb., 19,95 Euro
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