Geschröpfte Stromkunden

Verbraucher zahlen zu viel – aber nicht wegen der Erneuerbaren

Stromverbraucher sollen 2011 deutlich mehr für die erneuerbaren Energien zahlen. Allgemeine Preissteigerungen rechtfertigt dies aber nicht.

Nun ist es offiziell: Die von den Stromverbrauchern zu zahlende Ökostrom-Umlage steigt 2011 um rund 70 Prozent auf 3,530 Cent je Kilowattstunde. Das teilten die vier deutschen Stromnetzbetreiber am Freitag mit. Grund ist vor allem der unerwartet massive Zubau im Bereich der Solarenergie. Provoziert wurde dies indes von der Politik: Wegen der hohen Kürzungen bei der Solarförderung legten sich viele Bürger noch rasch eine Solaranlage zu. Bis Ende August ging eine Leistung von 4,88 Gigawatt ans Netz – ein Gigawatt mehr als im Gesamtjahr 2009.

Für die Lobbyisten der Energiekonzerne ist die Entwicklung ein gefundenes Fressen. So erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Hildegard Müller, der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien habe seinen Preis. »Das sollte jeder Verbraucher wissen.« Die Belastungen aus der EEG-Umlage würden für die Kunden von rund 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 13,5 Milliarden Euro 2011 steigen,

Die Energiekonzerne schieben ihre regelmäßigen Strompreiserhöhungen der grünen Konkurrenz in die Schuhe. Diesen gereicht die für Verbraucher positive Transparenz durch die EEG-Umlage so zum Nachteil. Während die Kosten der Erneuerbaren leicht zu beziffern sind, zeichnen sich die Energiekonzerne, die auf fossile Quellen setzen, durch eine völlig intransparente Preispolitik aus. Dies führt zu juristischen Auseinandersetzungen mit zahllosen Stromkunden, aber auch mit dem Bundeskartellamt und der Bundesnetzagentur. So sind die Entgelte für die Netzdurchleitung, die ein Viertel des Strompreises ausmachen (EEG-Umlage: 8,6 Prozent), in Deutschland weit höher als im EU-Durchschnitt. Hinzu kommen unsichtbare Kosten etwa durch Steuersubventionen für Atom und Kohle, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft auf 4,0 Cent pro Kilowattstunde beziffert. Und die dämpfenden Effekte auf die Börsenstrompreise von bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr, die sich aus dem Zubau der Erneuerbaren ergeben, werden anders als die EEG-Umlage von den Versorgern nicht an die Verbraucher weitergegeben.

Auch Verbraucherschützer werfen den Konzernen daher Heuchelei vor. Der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters, weist darauf hin, dass sich bei den Stromunternehmen etwa wegen stark gesunkener Beschaffungskosten »in den vergangenen Jahren ein erhebliches Polster für Preissenkungen aufgestaut« hat. Peters geht durch die erhöhte EEG-Umlage von einer jährlichen Mehrbelastung von lediglich 20 Euro pro Haushalt aus.

An der Förderung aus dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz bei Solaranlagen gibt es indes auch nachvollziehbare Kritik. So stellt der Mieterbund in Frage, ob Solaranlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern »von der Allgemeinheit in diesem Umfang subventioniert werden« müssen. Selbst der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, Björn Klusmann, erwartet von der Solarbranche, »Vorschläge zu entwickeln, wie die Kosten unter Kontrolle gebracht werden können«.

Über solchen Detailfragen darf aber nicht vergessen werden, dass das Anschieben der dringend benötigten Klimaschutzmaßnahmen nun mal Geld kostet. Auf längere Sicht werden sie zu sinkenden Strompreisen führen, wenn fossile Anlagen entsprechend zurückgefahren werden – dies aber hintertreibt die Bundesregierung mit der AKW-Laufzeitverlängerung.


Lexikon

Die EEG-Umlage ist Bestandteil des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aus dem Jahr 2000. Sie besagt, dass die Kosten des Zubaus von regenerativen Anlagen in die Kalkulation der Endverbraucherpreise einfließen. Laut dem Gesetz können die Anlagenbetreiber ihren grünen Strom zu einem vorher festgelegten Preis ins Netz einspeisen, wodurch für sie Planungssicherheit entsteht. Diese Kosten lässt sich der Netzbetreiber vom Stromversorger erstatten, bevor dieser die Kosten auf den Endverbraucher (plus Umsatzsteuer) umlegt. ND

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